Die San Francisco 49ers ließen die Fans der Philadelphia Eagles ganz still werden. Credit: Imago Images / Icon Sportswire / Kyle Ross

Der Auswärtssieg der San Francisco 49ers bei den Philadelphia Eagles war nicht nur ein echtes Ausrufezeichen hinter ihren eigenen Titelambitionen, sondern verhärtete gleichzeitig die Fronten in einer sich munter entwickelnden NFL-Rivalität der Neuzeit. Gut so, denn die Liga braucht derartige Animositäten, vor allem auf solch hohem Niveau!

Es gibt diese Spiele im Lauf einer regulären NFL-Saison, die bedeuten ein klein wenig mehr als andere. Sie tun es aus verschiedenen Gründen, manchmal weil bestimmte Meilensteine erreicht, Playoffs gesichert oder Losing Streaks beendet werden. Auch Tiebreaker zwischen Teams aus der gleichen Division oder Conference sind immer von besonderer Bedeutung. Oftmals hat es mit der Paarung selbst zu tun, wenn erbitterte Rivalen oder eben Teams aufeinander treffen, die sich vielleicht ein paar Wochen später in den Playoffs wiedersehen könnten. Für das mit Spannung erwartete Duell zwischen den San Francisco 49ers und den Philadelphia Eagles am vergangenen Wochenende trafen gleich mehrere Charakteristika zu, womit der deutliche Sieg der Niners auch zu einem besonders lautstarken Statement wurde.

San Francisco 49ers lassen die NFL aufhorchen

Es ging schon lange vor dem Kickoff los, als die 49ers komplett in Schwarz gekleidet aus dem Teambus ausstiegen und das Lincoln Financial Field betraten. Die Message an die Philadelphia Eagles war deutlich: Wir sind da und zwar zu eurer sportlichen Beerdigung! Man mag das lächerlich, man mag es wenig professionell oder gar unpassend finden, man kann es auch als die Reinkarnation der 1990er NBA Playoffs sehen, wo Teams reihenweise zu schwarzen Schuhwerk griffen, oder eben einfach nur als modisch interessant erachten. Letzten Endes aber funktionierte die selbstgewählte Motivation der Niners. 42:19 – noch Fragen?

Auf Seiten der Eagles gibt es auf einmal eine ganze Reihe derer von sportlicher und auch psychologischer Natur. Wie fit ist Jalen Hurts eigentlich und kann er vielleicht einfach nicht in dem Maße laufen, wie er es noch letztes Jahr getan hat? Wie lautet der Plan B, wenn das Running Game nicht funktioniert? Sind die defensiven Probleme personell oder schematisch bedingt? Lassen sie sich bloß durch die Rückkehr von Zach Cunningham sowie die Verpflichtung von Shaq Leonard lösen? Es sind Fragen, auf welche die Zukunft Antworten geben wird.

Philadelphia Eagles dürfen nicht alles in Frage stellen

Die Eagles dürfen im Nachgang des Spiels aber gerade einen großen Fehler nicht machen und alles in Frage stellen, was sie vorher starkgemacht hat. Dafür haben sie viel zu lange zu dominant agiert, sie haben eine extrem gute Basis in allen Mannschaftsteilen, auf die sie sich besinnen können. Das heißt allerdings nicht, dass sie nicht ganz genau in den Spiegel gucken und schauen sollten, wie sie das blaue Auge durch den Niners-Punch wegschminken können. Und mehr noch, sie müssen sich überlegen, wie sie den Treffer beim nächsten Mal ganz verhindern können. Wer ohne auch nur einen angestammten Linebacker gegen einen Titelfavoriten antritt, der bekommt nun mal Schwierigkeiten im Back End, wenn in den anderen Trikots Jungs wie Deebo Samuel oder Christian McCaffrey den Turbo zünden. Was allerdings gleichzeitig bedeutet, dass es mehr braucht, als einfach nur seiner starken D-Line zu vertrauen. Zumindest gegen ein Team vom Kaliber San Franciscos dürfte das auch in der Zukunft nicht reichen, personelle Verstärkungen hin oder her.

Der Effekt von Extramotivation, den die 49ers dieses Mal mit ins Felde führten, er wird zukünftig wohl nicht in der Form präsent sein, wie er es noch am vergangenen Sonntag war. Wohl nicht in Bezug auf das Verhältnis und Momentum zwischen den beiden NFL-Größen. Schließlich waren die Eagles doch die Mannschaft, welche die vergangene Saison der Niners im NFC Championship beendete und obendrein auch noch in diesem Jahr den Top Spot in der Conference innehat. Gerade eine bittere Postseason-Niederlage kann Kräfte wie auch Rachegelüste freisetzen, sie hat es auf jeden Fall dieses Mal getan. Und auch wenn die Eagles immer noch der aktuelle Top Seed in der NFC sind, so haben Kyle Shanahans Mannen das Stuhlbein des vermeintlichen Throns doch zumindest ordentlich angesägt. Sicherlich und vielleicht vor allem mental.

Eagles und 49ers schauen voraus auf NFL Playoffs

Letztendlich bleiben aber natürlich beide Teams absolut heiße Kandidaten auf den Super Bowl und es wäre nicht verwunderlich, wenn sie sich in dieser NFL-Spielzeit noch einmal über den Weg laufen. Und wenn nicht in dieser Saison, dann vielleicht über Jahre hinaus. Schlimm wäre das keineswegs, denn die zwei NFC-Powerhouses bringen viel mit, was man sich auch als neutraler NFL-Fan gerne einmal anschauen mag, wenn das eigene Team im Januar bereits im Ferienflieger in Richtung Karibik unterwegs ist. Charismatische und zum Teil nicht vollkommen ihrer Bodenhaftung beraubte Stars, extrem belastbare Taktik-Philosophien auf beiden Seiten, einige historische Referenzen untereinander und natürlich ein paar Nickligkeiten wie Dre Greenlaws Gemengelage mit dem Head of Eagles Security Dom DiSanto. Letztere sorgt für ordentlich Gesprächsstoff in dieser Woche, obwohl es im Großen und Ganzen doch eher unbedeutend war beziehungsweise ist. Aber so ist es nun mal bei Rivalitäten, da liegt die Lupe ab und an eben ein wenig länger drauf, bis es heiß wird.

Gerade der psychologische Effekt für die 49ers kann in diesen Stunden kaum höher bewertet werden, denn ihre zwei vermeintlich größten Kontrahenten um die NFC-Krone aus Dallas und Philly haben sie mal eben so mit einem Gesamtscore von 84:29 abgewatscht, auf der anderen Seite Zweifel gesät und sich damit eine Riesenportion Selbstvertrauen unter dem Weihnachtsbaum beschert. Ihr vor allem physisch dominantes Spiel vom Sonntag verleiht dem ganzen direkt einen doppelten Ausdruck. Auch schematisch kommen die 49ers damit natürlich einen Schritt vor die gegnerische Welle. Während zum Beispiel Philadelphia sich Gedanken machen muss, welche Lehren es aus dieser Partie zieht, kann San Francisco auf dem was gut funktioniert hat aufbauen.

Punkte wird ihnen das in den NFL Playoffs von allein natürlich noch keine bringen, da werden die Karten dann eventuell wieder ganz neu gemischt. Und dann bedeuten die Spiele erst recht ein kleines bisschen mehr.

Über den/die Autor/in
Moritz Wollert
Moritz Wollert
Moritz Wollert schreibt für TOUCHDOWN24 u.a. über die NFL. Für das monatliche Print-Magazin schreibt er u.a. die NFL History Artikel

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