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NFL - National Football League

Die Quarterback-Lotterie der Pittsburgh Steelers

Sie spielen in der neuen NFL-Saison zusammen in Pittsburgh: Russell Wilson und Justin Fields. Credit: Imago Images / USA TODAY Network / Jamie Sabau

Die Pittsburgh Steelers werden in der aktuellen NFL Offseason allseits gefeiert für das Management ihrer zuletzt doch eher misslichen Quarterback-Lage, mit Russell Wilson und Justin Fields angelten sie sich großes Potenzial für kleines Geld. Diese in der NFL durchaus beliebte Vorgehensweise macht im konkreten Fall durchaus Sinn, wirklich großen Erfolg verspricht sie aber eigentlich nicht!

Er ist der eine, der alles Entscheidende. Der heilige Gral, ein König unter Königen. Mein Schatz, wie es Gollum wohl sagen würde, wenn er NFL General Manager wäre.

Die Signifikanz der Quarterback-Position in der NFL kann man wohl kaum genug Superlativen beimessen, jeder betitelt sie ohne mit der Wimper zu zucken als „die wichtigste Position im gesamten Profisport“. Gründe dafür gibt es viele, jeder einzelne veranlasst NFL-Teams alles nur erdenklich Mögliche zu tun, um jene Position mit Kompetenz zu besetzen. Dass dies bei einem begrenzten Pool an Talent und unter schwierigsten Bedingungen nicht immer einfach ist wissen die Pittsburgh Steelers schon seit einigen Jahren. Gefühlte Ewigkeiten waren sie mit einem gewissen Ben Roethlisburger verwöhnt, doch nach „Big Ben“ gerieten auch sie wie so viele andere komplett in den Strudel der verzweifelten Quarterback-Suche.

Wilson und Fields lassen Steelers hoffen

Aktuell ist diese erst einmal beendet: In der Offseason angelten sich die Steelers mit Russell Wilson und Justin Fields direkt zwei potenzielle Starter für die kommende Spielzeit, von denen Wilson als erster die Chance bekommen wird, dass schwarz-goldene Schlachtschiff an erfolgreiche Ufer zu manövrieren. Die Kirsche auf der Torte? Dem Ex-Seahawk bezahlt Pittsburgh gerade einmal das Liga-Minimum und Fields bekam man für einen Pick am dritten Tag des Drafts. Ganz schön findig und ein echter „Steal“, da waren sich alle Experten hinterher einig. Womit man aber noch lange nicht bei der anstehenden Performance auf dem Feld angekommen ist.

Denn auch wenn die Deals auf den ersten Blick wie echte „No Brainer“ aussehen sind sie letztendlich etwas, dass sich etliche NFL-Teams Jahr für Jahr leisten: Lotterie Tickets. Wilson fällt hierbei in die Kategorie, in der man einen einst verdienten Veteranen unter Vertrag nimmt und hofft, dass dieser ein klein wenig der alten Magie an neuer Wirkungsstätte wiederfinden kann. Fields dagegen ist ein klassisches Beispiel für einen gescheiterten First Round Draft Pick, aus dem man nun unter neuen Voraussetzungen sein durchaus vorhandenes Potenzial herauskitzeln möchte.

NFL-Historie verspricht nur wenig Erfolg

So individuell man jede Situation bewerten kann die historische Beweislast spricht doch eher gegen durchschlagenden Erfolg. Auf jeden Fran Tarkenton, Y.A. Tittle oder Brett Favre kommen hunderte andere ehemaliger Stars, die am Ende ihrer Karriere eben nicht im Entferntesten an frühere Leistungen anknüpfen können und lediglich ein Schatten ihrer Selbst waren. Man denke an Matt Ryan oder Philipp Rivers in jüngster Vergangenheit. Ebenso verhält es sich mit den hochtalentierten First Roundern, die reihenweise zweite oder gar dritte Chancen erhalten, zumeist aber auch in neuen Farben nur wenig reißen.

Mit diesem Umstand im Hinterkopf erscheinen die Moves der Steelers in einem durchaus anderen Licht. So sehr Wilson und Fields in der vergangenen Saison auch ihre Momente hatten so eindeutig war doch das Urteil des gesamten Marktes über ihren derzeitigen Wert. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Idee hinter den Neuverpflichtungen grundsätzlich falsch ist. Mehr noch, im Fall der Steelers macht sie sogar auf dem Papier absolut Sinn. Dies liegt vor allem am derzeitigen Kaderaufbau in Pittsburgh, wo das Team zu gut zum Verlieren und eigentlich auch zu schlecht zum richtig Gewinnen ist. Zumindest ohne einen Unterschiedsspieler auf der Quarterback-Position.

Mike Tomlins Steelers-Zukunft noch in der Schwebe

Diesen hofft man in Russell Wilson gefunden zu haben oder man schraubt zumindest die Messlatte ein ganzes Stück höher als noch im letzten Jahr mit Ex-QB Kenny Pickett und Mason Rudolph. Head Coach Mike Tomlin geht in eine Saison, die nach zuletzt mehrfachen Karrierezweifeln vielleicht sogar über seine persönliche Zukunft in der Stahlarbeiterstadt entscheiden könnte. Noch hat er keine Vertragsverlängerung in der Tasche, auch wenn beide Seiten grundsätzlich an einem Weitermachen interessiert sein sollen und Pittsburgh eigentlich in dieser Offseason ein neues Arbeitspapier dingfest machen will.

Der Erfolg unter Tomlin scheint ja auch stets gegeben, beendete er doch keine seiner fast 20 Spielzeiten mit mehr Niederlagen als Siegen. Trotzdem sind die letzten sechs Jahre durchaus „ernüchternd“, gemessen an den hohen Standards der Steelers. Nur zwei Mal konnte Tomlin eine zweistellige Zahl an Siegen einfahren, drei Playoffteilnahmen brachten drei Niederlagen in drei Spielen. Damit das in 2024 anders wird hofft man auf eine starke Saison mit Russell Wilson. Wie die Zukunft danach allerdings aussieht kann man ohne die getrocknete Tinte unter einem neuen Vertrag für Mike Tomlin allerdings nur schwer abschätzen. Auch die Moves für Wilson und Fields bleiben vor der nächsten Saison perspektivisch riesige Fragezeichen.

Etliche Quarterback-Fehleinschätzungen in Pittsburgh

Letztendlich ist es das typische Vorgehen für Teams, die eben ihren langjährigen Franchise-Quarterback nicht gefunden haben. Sie werfen so lange Geld, Ressourcen, Ideen und Draft Picks an eine Wand bis irgendetwas oder irgendjemand davon hängen bleibt. Idealerweise ist es einer, der über Jahre eine Basis hinter dem Center liefert. Jene Deals für Fields oder Wilson sind in dieser Hinsicht natürlich eher ein wenig von Verzweiflung durchtränkt, aber das lässt sich eben nicht verhindern, wenn man mit einem First Round Pick daneben greift, so wie es die Steelers mit Kenny Pickett getan haben. Ein langer Rebuild unter Tomlin ist Stand jetzt keine Option, also geht man den Weg der Lotterie-Tickets.

Jener „Genialität“ des geringen Preises für diese gingen in Pittsburghs Fall etliche andere Moves voraus, wo man eben letztendlich doch eine sprichwörtliche Niete in der Hand hatte. Mason Rudolph hatte seine Momente als Development Quarterback aus der dritten Draftrunde, konnte den Starterposten aber nie festigen. Pickett als First Rounder schaffte das wie erwähnt ebenso wenig. Die Idee mit Mitch Trubisky – wie Fields hoher Draft Pick, der in Chicago scheiterte – ging ebenfalls nach hinten los. Auch hier war der Preis nie exorbitant hoch, letztendlich blieb der Erfolg trotzdem aus.

Nun hoffen die Steelers, dass alles mit Wilson oder Fields. Erst die Zeit wird verraten, was sie mit ihren Lotterie-Tickets tatsächlich gewonnen haben. Vielleicht ist es ja tatsächlich ein Schatz, vielleicht müssen sie aber auch schon im nächsten Jahr direkt wieder zum Kiosk rennen!

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Über den/die Autor/in
Moritz Wollert
Moritz Wollert
Moritz Wollert schreibt für TOUCHDOWN24 u.a. über die NFL. Für das monatliche Print-Magazin schreibt er u.a. die NFL History Artikel

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