Es ist endlich so weit. Das Highlight der Offseason steht an und für alle Fans, Journalisten, Hobbyscouts als auch die Prospects und Teams herrscht nach diesem Wochenende endlich Klarheit. Die erste Runde des NFL Draft 2024 in Detroit findet in der Nacht vom 25. auf den 26. April 2024 endlich statt.
Ein Ereignis im NFL Kalender, welches in den letzten Jahren auch in Deutschland und Europa, mehr und mehr an Bedeutung gewonnen hat. Neben der eigentlichen NFL Saison hat die Talentauswahl mittlerweile wohl für viele den zweitgrößten Stellenwert im Footballjahr, noch weit vor der College Football Saison, wenngleich diese zum Draft Prozess natürlich unweigerlich dazugehört. Der Draft Hype schwappte mehr und mehr auch in den deutschen Raum und wo es Anfangs nur eine kleine Community gab, findet man mittlerweile an jeder Ecke Twitter/X Accounts, Podcasts, Scouting Reports auf YouTube und ähnliches. Mehr als verständlich, immerhin liefert die Draft Season genauso viele Geschichten und Themen wie die NFL Saison selbst und jeder kann sich im eigenen Zeitrahmen einbringen oder eben nur als Zuschauer dabei sein. Das Scouten und Evaluieren bis zum letztendlichen Draft bietet einfach so viele Möglichkeiten sich weiterhin mit dem Football auf höchstem Niveau zu beschäftigen. Egal ob man hierbei selbst stundenweise Tape schaut und die Prospects in der eigenen Bubble ranked oder sich die Big Boards und Mocks von allen möglichen Quellen zusammenzieht, eines sollte man sich auch nach dem kommenden Wochenende immer vor Augen halten: Niemand weiß, was passieren wird.
Und hiermit ist nicht einmal nur der Draft an sich und die einzelnen Picks gemeint. Vor allem bei der Bewertung selbiger und im Anschluss auch der Spieler, sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass einfach zu viele Variablen existieren, welche im Sport allgemein, aber insbesondere in diesem Prozess vor und nach dem Draft, eine Rolle spielen. Und, dass kein Außenstehender diese beeinflussen oder prognostizieren kann. Selbst die Teams, Coaches und deren Scouts, welche 24/7 nichts anderes machen, als Spieler zu beobachten, liegen immer wieder reihenweise daneben. Äußere Umstände, welche man oftmals einfach nicht vorhersehen kann, spielen hierbei eine zu große Rolle. Verletzungen, der Charakter des Spielers, das entsprechende Umfeld, Coaching, Landing Spot, das Scheme, die jeweilige Situation im Team. All diese Faktoren sind oft unmöglich vorherzusehen. Somit kann sich ein Pick im Anschluss als absoluter Steal oder eben riesiger Bust entpuppen. Wie es auch bereits Adrian Franke in seiner Kolumne in unserer Ausgabe No.80 geschrieben hat, eine wirkliche Bewertung einer Draft Class, sollte im besten Fall frühestens drei Jahre später erfolgen. Denn selbst dann kann der ein oder andere Spieler noch einen entsprechenden Leistungssprung haben, weil sich seine Situation gegebenenfalls signifikant verbessert. Sei es durch einen Trade oder den Roster Umbruch zum positiven seines Teams. Beste Beispiele hierfür aus der jüngeren Vergangenheit sind Geno Smith, Raheem Mostert, Cordarelle Patterson oder Nico Collins. Auch wenn es sich hierbei teils um Extrembeispiele handelt und diese auch mit Sicherheit als Outlier bezeichnet werden können, sollte es verdeutlichen, dass jeder der in dieser Liga landet, über gewisse Qualitäten verfügt und es nicht umsonst geschafft hat. Insbesondere mit Kategorisierungen nach Schwarz und Weiß oder dem labeln als Bust sollte man diesbezüglich dann auch zurückhaltender sein.
So sollte man mit Hot Takes vorsichtig sein, einen Pick oder Spieler nicht vorschnell final bewerten oder zu kurzfristig denken. Und hierbei auch im Anschluss einmal ehrlich zu sich selbst sein. Sei es bei den eigenen Bewertungen oder denen seines Lieblingsscouts. Denn im Nachhinein richtig eingetretene Prognosen liest und verbreitet jeder gerne. Dass man aber wahrscheinlich genauso häufig danebenliegen wird, gehört realistischerweise auch dazu. Und auch wenn es schwerfällt, sollte man versuchen sich retrospektiv immer an die damalige Einschätzung und Situation zu erinnern. Bestes Beispiel hierfür aus den letzten Jahren ist wohl mit Sicherheit der Bears Pick von Mitch Trubisky. Im Anschluss reichte es für den Quarterback aus North Carolina bis dato nur zu einer mäßigen NFL Karriere. Patrick Mahomes war rückwirkend betrachtet natürlich der mit Abstand beste Pick. Und das nicht nur im 2017er Draft, sondern in den letzten 20 Jahren. Der Chiefs Quarterback wäre mittlerweile natürlich der absolute No Brainer für den First Overall Pick wenn man die Zeit zurückdrehen könnte. Und es existieren nicht wenige Tweets, Memes, Screenshots und Bewertungen im Netz, welche Chicago hier bis heute einen Fehler vorhalten. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass nicht wenige Experten, Mock Drafter und Journalisten Trubisky an Nummer eins seiner Klasse und Mahomes lediglich an vier oder fünf hatten. Genauso wenig war diese Entwicklung von Mahomes so vorhersehbar. Ja, die Tools waren allesamt da. Doch dies war auch bei etlichen Quarterbacks vor und nach Mahomes der Fall. Landing Spot, Coaching, Umfeld und die individuelle Entwicklung eines Spielers spielen hier einfach so eine große Rolle, was insbesondere für uns als Außenstehende im Gesamten unmöglich einzuschätzen ist. Daher sollte man bei aller Euphorie und Emotion welche man für „seine“ Spieler oder sein Team im Laufe des Prozesses entwickelt hat versuchen, jedem Pick eine Chance zu geben und diese möglichst rational zu bewerten. Nicht jeder Spieler wird als Superstar enden und muss dies natürlich nicht. Und auch bei den Top Prospects wird es im Nachgang wieder die ein oder andere Überraschung geben. Sowohl positiv als auch negativ. Doch das ist das schöne am Draft und insbesondere am Sport: Niemand weiß was am Ende trotz aller Vorhersagen, Prognosen und Quoten wirklich passieren wird. In diesem Sinne wünschen wir euch alle viel Spaß beim diesjährigen NFL Draft!