Es gibt kaum einen Sport, in dem der Leistungsunterschied zwischen einem Land, und dem Rest der Welt so groß ist, wie im American Football. Selbst die Collegeliga NCAA ist leistungsmäßig weit über allen europäischen Ligen anzusiedeln. Die Profiliga NFL ist dem Rest der Welt sportlich, in der Vermarktung und allen anderen Hinsichten Lichtjahre voraus. Wenn dann ein Spieler, der drei Jahre in dieser Liga gespielt hat und ein Star in der NCAA war, in die dritte deutsche Liga geht, dann ist das nicht weniger als eine Sensation.
Genau einen solchen Fall aber vermelden nun die Krefeld Ravens mit dem Zugang von Roderick Henderson. Der Defense-Liner ist mit 1,88 Metern Größe und nicht weniger als 152 Kilogramm Gewicht ein absolutes „Tier“, oder, wie Ravens-Sportleiter Dino Volpe es sagt: „Der Typ ist einfach ein Bulldozer auf zwei Füßen. Seine Videos sind einfach nur beeindruckend.“ Der am 29. Oktober 1992 geborene und damit 31 Jahre alte Ravens-Neuzugang legte eine beeindruckende Karriere an der Alabama State Universität hin, die in der Division 1 der NCAA, also auf dem allerhöchsten College-Niveau überhaupt, spielt. Dass Division-1-Absolventen überhaupt nach Deutschland kommen, ist durchaus schon außergewöhnlich.
Dass sich ein solcher, der es danach in einen NFL-Kader schaffte, dann einem Aufsteiger in die dritte Liga anschließt, ist nicht weniger als eine Sensation. Doch Hendersons Vita erschöpft sich nicht mit seiner College-Karriere, in der er in vier Jahren 45 Spiele, rund die Hälfte als Starter, machte und dabei hervorragende 127 Tackles (davon 61 Solo) und 3,5 Sacks verbuchte, die zu 23 Yards Raumverlust führten. Ein Safety brachte ihn sogar auf die Anzeigetafel. In seinem Draft-Jahr 2016 wurde das Kraftpaket, das in der Regionalliga wohl so manchem gegnerischen Offense-Liner massive Kopfschmerzen bereiten wird, zwar nicht gezogen, unterschrieb aber noch am Tag des Drafts nach der letzten Runde einen Vertrag bei NFL-Team Tennessee Titans. Zu einem NFL-Einsatz brachte er es zwar weder hier, noch bei den damaligen Oakland Raiders (heute Las Vegas Raiders), stand aber beeindruckende drei Jahre im Practice-Squad von NFL-Teams. Will man einen Vergleich zum Fußball ziehen, wäre es vielleicht ähnlich, als verkündete der 3.Ligist TSV 1860 München heute die Verpflichtung von Ex-Real Madrid-Star Sergio Ramos.
„Damit ist er selbst nach den Einsätzen von Topspielern wie Isaiah Ward, Akiva Wedge, Devonta Gilmore oder sogar Cody Galea eine neue Dimension Verpflichtungen. Zumal er die komplette Saison bei uns spielen wird und unsere D-Line wohl zur besten der Liga machen wird. Er ist unser absolutes Top-Signing für das Jahr 2024 und für die ganze Liga eine Bereicherung. Was uns beim Scouting total begeistert hat ist die Tatsache, dass er trotz seiner physischen Überlegenheit nicht nur darauf vertraut, sondern auch technisch extrem stark spielt und für sein Gewicht auch unglaublich schnell ist. Sonst schaffst Du es auch nicht in die NFL“, schwärmt Ravens-Sportleiter Dino Volpe über seinen bisher mit Abstand größten Coup in dieser Rolle. Der D-Liner sei in jeder Hinsicht eine neue Dimension in der Geschichte der Ravens. Dieser spielte in den vergangen Jahren erfolgreich in der zweithöchsten Profiliga der USA, der XFL, für die Los Angeles Wildcats, Las Vegas Vipers und Bay Area Panthers, mit denen er sogar den Titel holte. Eine weitere Meisterschaft errang er im Jahr 2018 mit den Washington Valor in der Arena Football League.
Doch warum schließt sich ein so profilierter Spieler einem deutschen Drittligisten an? „Mich hat vor allem die familiäre Atmosphäre überzeugt, die die Coaches im Gespräch vermitteln. Das macht viel Lust auf die Saison und ein Teil des Teams zu sein“, sagt er. Bei seinen Zielen greift er dabei ins allerhöchste Regal und redet nicht allein von der Meisterschaft: „Ich will in Krefeld mit diesem Team eine Dynastie begründen“, kündigt er an und verspricht den Fans viel Spaß. „Ich danke ihnen schon im Voraus für die Unterstützung, von der ich in den Gesprächen viel Gutes gehört habe. Ich verspreche Euch, mit dem Team den Titel zu holen, das ist mein Ziel“, sagt er offen.
So sehr sich die Fans in Krefeld über diese Blockbuster-Verpflichtung (Volpe lachend: „NCAA, USFL, XFL, NFL, mehr kann ich wirklich nicht rausholen.“) freuen dürften: Der ein oder andere gegnerische O-Liner und Quarterback dürfte die Meldung mit durchaus gemischten Gefühlen lesen.
Quelle: PM Krefeld Ravens e.V. - Christoph Wittfeld