Joe Flacco, der nun in seiner 17. NFL-Season ist, hat die Ruhe und Gelassenheit, die man von so einem erfahrenen Veteranen erwartet. Er ist ruhig, entspannt, gefasst und zeigt auf dem Spielfeld nicht viele Emotionen. Er trommelt nicht auf seine Brust und schreit nicht. Er wirft einfach den Football und macht das, was er tun soll.
Flacco kam gegen Ende des ersten Viertels seiner Indianapolis Colts gegen die Pittsburgh Steelers ins Spiel, als Nummer-eins-Quarterback Anthony Richardson nach einer Hüftverletzung an die Seitenlinie ging. Er blieb zwei Spielzüge an der Seite und Flacco warf einen kurzen Pass zu Runningback Jonathan Taylor. Richardson probierte es zwar noch einmal, musste aber wegen der Verletzung aus dem Spiel genommen werden und Flacco übernahm.
Der 39 Jahre alte Quarterback, der in seinem ersten Spiel der Season 2024 auf dem Platz stand, komplettierte 16 von 26 Pässen für 168 Yards und zwei Touchdowns beim 27:24-Sieg der Colts über die Steelers. Dabei fand er immer wieder Slot-Receiver Josh Downs und Runnigback Jonathan Taylor sowie Wide Receiver Michael Pittmann, als hätten sie viel länger als nur die wenigen Monate, die sie zusammen trainiert haben, zusammengespielt.
Browns wollten Flacco nicht zurück
Der Comeback Player of the Year 2023 hatte in der Offseason 2024 fast keinen Platz mehr in der Liga gefunden. Flacco erklärte, dass die Colts besonders interessant waren, weil er in Philadelphia Zeit mit Head Coach Shane Steichen verbracht hatte. Gemäß seiner Aussagen klingelte das Telefon aber nicht gerade ununterbrochen. Cleveland rief definitiv nicht an. Er sagte, dass die Browns ihm kein Angebot gemacht haben, um 2024 zurückzukehren. Die Fans hätten nach den vier Spielen von Deshaun Watson sicherlich den Flaccos Namen gerufen.
Flacco war während der meisten Seasons seiner 17-jährigen Karriere der Starting Quarterback. Von 189 Spielen bestritt Flacco 185 als Starter. Von der Bank zu kommen, ist eine relativ neue Erfahrung für den ehemaligen Super Bowl MVP. Noch weniger ist er damit vertraut, ins kalte Wasser geworfen zu werden, besonders wenn man während der Woche kaum Spielzüge trainiert. Backup-Quarterbacks müssen aber genau für solche Situationen bereit sein. Das hat er letzte Season bei den Browns gelernt. Dort wurde er schnell zum Helden und das in nur sechs Wochen. Von Verletzungen geplagt, insbesondere auf der Quarterback-Position, waren die Browns verzweifelt auf der Suche nach Stabilität und fanden diese in Flacco. In Woche 12 übernahm er die Verantwortung und führte das Team mit einer 4-1 Bilanz zum Ende der Season, was den Browns die erste Playoff-Teilnahme nach 2020 sicherte.
Ein unvergesslicher Ritt
In seinem ersten Start für die Browns legte Flacco gegen Los Angeles gleich stark los. Er orchestrierte einen nahezu perfekten 75-Yard-Touchdown-Drive zu Beginn des Spiels.Trotz der Niederlage gegen die Rams führte Flacco in den darauffolgenden Wochen eine Siegesserie von vier Spielen an, die mit dem denkwürdigen Sieg im Thursday Night Football Game gegen die New York Jets endete und Cleveland einen Platz in den Playoffs bescherte. Besonders die Passing Offensive blühte unter Flacco auf, der die Season mit 1616 Yards, 13 Touchdowns und acht Interceptions beendete.
Leider endete der magische Lauf am Wild-Card-Wochenende in Houston, als das Glück der Browns bei einer 14:45-Niederlage zu versiegen schien. Dennoch wurde der unvergessliche Ritt gewürdigt, als Flacco bei den NFL Honors zum Comeback Player of the Year gekürt wurde. Seine Rolle hat sich stark verändert, vom Gesicht einer Franchise - als jahrelanger Starter der Baltimore Ravens - zum Backup eines Gesichts einer Franchise. Doch der Grund, warum Flacco in der Lage war, sich anzupassen, zu überleben und in scheinbar jeder Situation zu bestehen, liegt daran, dass er die einfachen Spielzüge immer noch perfekt ausführen kann.
Flacco lässt einfache Dinge einfach aussehen
Flacco war nicht so explosiv wie Richardson (6,5 Yards pro Versuch im Vergleich zu 17,8 Yards pro Versuch), aber er machte die einfachen Würfe, die Richardson manchmal viel schwieriger aussehen lässt, als sie sind. Flacco warf bei seinem zweiten Versuch und vierten Spielzug der Season einen präzisen Pass zu Josh Downs für einen 4-Yard-Touchdown. Es war der erste Touchdown Pass im Jersey der Colts und sein 246. in der Karriere. Die vielleicht größte Situation kam spät im dritten Viertel, als die Colts, mit einer 17:10-Führung im Rücken, den Schwung der Steelers stoppen und ihren Two-Score-Lead wiederherstellen wollten. Flacco führte die Colts über 70 Yards in zehn Spielzügen, die eine Reihe von präzisen und entscheidenden Pässen beinhalteten.
Zuerst war da ein 12-Yard-Pass auf Pittman bei einem "3. Versuch und 10" von der eigenen 30-Yard-Linie. Danach folgte ein 15-Yard Pass auf Downs bei "3. und 7" von der 40-Yard-Linie der Steelers. Schliesslich der 15-Yard Touchdown-Pass auf Drew Ogletree bei "3. und 10". Keiner dieser Würfe war spektakulär. Aber alle waren genau zum richtigen Zeitpunkt sehr präzise ausgeführt. Flacco war vor über zehn Jahren in Baltimore bereit. Er war letztes Jahr in Cleveland bereit. An diesem Sonntag brauchten ihn die Colts und er war bereit. Der zweitälteste Quarterback der Liga hinter dem 40-jährigen Aaron Rodgers hat gezeigt, dass er immer noch ein Starter in der NFL sein kann. Bei den Colts hat er nur einen Vertrag über ein Jahr unterschrieben, vielleicht bekommt er danach irgendwo noch eine Chance.
Anthony Richardson wird wohl im nächsten Spiel gegen die Jacksonville Jaguars wieder dabei sein, aber Flacco führte die Browns letztes Jahr zu einem 31:27-Sieg über das Team aus Florida. Er komplettierte 26 von 45 Pässen für 311 Yards, warf drei Touchdowns und eine Interception. Ich lasse das mal so stehen.