An den Moment des Rücktritts von Andrew Luck als aktiver Footballspieler wird man sich sicherlich noch in vielen Jahren erinnern. Es war nicht weniger als ein historischer Moment, der in vielen Rückschauen seinen Platz finden wird. Doch welche Spieler haben sonst noch so überraschend wie für die Fans schockierend ihre Karrieren frühzeitig beendet?
Der König ist tot, es lebe der König. Ganz so einfach wie in der Menschheitsgeschichte läuft es in der NFL aber nicht. Der König ist diesem Fall der Quarterback, in Person von Andrew Luck wurde die Offense der Indianapolis Colts dabei nicht nur von einem guten König regiert, es menschelte sogar rund um den Herrscher und seine Getreuen. Von dem denkwürdigen Tag des “Luck-schen“ Abdankens haben sich die Colts bis heute noch nicht erholt. Dabei muss es nicht immer ein Quarterback sein, der seinem Team mit einem Rücktritt in Trauma versetzt.
Barry Sanders (Runningback, Detroit Lions, Karriereende 1999)
Als Barry Sanders am 27. Juli 1999 das Ende seiner Karriere erklärte, hatte er für einen der am meisten schockierenden Momente in der NFL-Geschichte gesorgt. Zehn Spielzeiten in Folge hatte der frühere Runningback von Oklahoma State für die Detroit Lions Yard um Yard erobert. In jeder einzelnen Spielzeit hatte Sanders dabei die 1000-Yards-Rushing-Marke durchbrochen, war stets in den Pro Bowl gewählt worden und erst als dritter Spieler der Liga-Historie hatte er es 1997 geschafft, gar die 2000-Yards-Marke über den Lauf zu knacken.
Da war Sanders gerade mit einem neuen Vertrag unterwegs. Bis 2003 hatten die Lions ihren Star-Spieler mit einem Gehalt von 34,56 Millionen US-Dollar an sich gebunden. Im Sommer 1999 war Sanders zudem nur noch wenige Yards vom damaligen Karriere-Allzeit-Rekord im Rushing von NFL-Legende Walter Payton entfernt. Lediglich 1458 Yards fehlten Sanders noch in seiner Vita, um an der Spitze aller Runningbacks zu stehen.
Doch dann beendete Sanders in vollkommen gesunden Zustand von jetzt auf gleich im Alter von 31 Jahren seine Karriere. Es folgte ein Rechtsstreit mit den Lions, die einen Teil des Unterschriftenbonus` des Top-Vertrags zurückforderten. Gleichzeitig hielt das Team dem Spieler noch lange die Tür für ein Comeback offen. Gerüchte, Sanders hätte seine Karriere beendet, weil er mit Head Coach Bobby Ross nicht mehr klargekommen wäre, entkräftete Sanders später in seiner Autobiografie "Barry Sanders: Now You See Him".
Pat Tillman (Strong Safety, Arizona Cardinals, Karriereende 2001)
Die Geschichte des Menschen Pat Tillman regt auch viele Jahre nach dessen NFL-Karriere zum Nachdenken an. Nicht mit dem größten Talent gesegnet, schaffte er es als Walk-On-Spieler ohne College-Stipendium ins Team der Arizona Sun Devils und wurde später zum besten Defensivspieler der Pac-10-Conference gewählt. Die Arizona Cardinals drafteten den Strong Stafety 1998 in der siebten Runde. Tillman war so tief im Draft gefallen, da er weder sonderlich groß noch überdurchschnittlich schnell war. Aber er hatte einen eisernen Willen, gab immer alles, verteilte harte Hits und wurde zum Publikumsliebling der Cardinals-Fans.
Tillman, über den die unbestätigte Zahl kursiert, er hätte in der Saison 2000 insgesamt 224 Tackles gesetzt – die NFL zählt Tackles offiziell erst seit 2001 - war auf dem Weg, langfristig zu einem der besten und prägendsten Spieler der Liga zu werden. Die Terroranschläge am 11. September 2001 von New York, als unter anderem zwei von Al Qaida entführte Passagierflugzeuge in die beiden Türme des World Trade Centers gesteuert wurden, änderten für Tillman aber alles. Zwar spielte er die Saison 2001 im Trikot der Cardinals noch zuende, doch schloss er sich im Mai der folgenden Offseason der US-Army an. "Mein Urgroßvater war in Pearl Harbour, viele meiner Familienmitglieder sind in den Krieg gezogen. Ich habe nur den Ball auf die Linie gelegt", sagte Tillman damals.
Tillman verzichtete damit nicht nur auf NFL-Ruhm, sondern auch auf ein Gehalt von 3,6 Millionen US-Dollar. Sein Sold bei der Armee lag bei lediglich 18.000 US-Dollar im Jahr. Gemeinsam mit seinem Bruder Kevin, der kurz vor einer Baseball-Profikarriere stand, zog Tillman dann in der umstrittenen Militär-Operation "Iraqi Freedom" mit den US-Streitkräften in den Irak, ehe er 2003 in Afghanistan eingesetzt wurde. Der Star-Faktor Tillmans hatte der Armee viele Freiwillige beschert, obwohl sich der Ex-Profi nicht bereit erklärt hatte als Werbefigur zu fungieren. Am 22. April 2004 kam Tillman in Afghanistan durch drei Schüsse in den Kopf ums Leben - es war "Friendly Fire".
Calvin Johnson (Wide Receiver, Detroit Lions, Karriereende 2016)
Am 8. März 2016 waren erneut die Detroit Lions von einem spektakulären Rücktritt betroffen. Calvin Johnson, bekannt unter dem Spitznamen "Megatron", erklärte vollkommen überraschend im Alter von 30 Jahren seinen Rücktritt vom Profi-Sport. 2007 war der Wide Receiver als Erstrundenpick von den Lions in die NFL geholt worden und zu einem der gefährlichsten Passempfänger der Liga avanciert. 2011 fing Johnson Pässe für 16 Touchdowns, ein Jahr später stellte er einen Receiving-Rekord von 1964 Yards auf.
Schon kurz nach dem Saisonende 2015 mehrten sich die Spekulationen, dass Johnson seine Karriere beenden könnte, nachdem dieser in einem Statement öffentlich darüber nachgedacht hatte. Anfang März wurden aus den Spekulationen Fakten. Später gab Johnson "Motivationsprobleme" als Grund für seinen vorzeitigen Rückzug an. Die Lions seien "zu schlecht" gewesen. In neun Jahren mit Detroit hatte Johnson nur zweimal die Playoffs erreicht. Im August 2019 hatte es Gerüchte um eine mögliche Rückkehr Johnsons in die NFL gegeben. Laut amerikanischen Medien kursierte der Spielername im Umfeld der New York Giants.
D’Brickashaw Ferguson (Left Tackle, New York Jets, Karriereende 2016)
10.707 von 10.708 möglichen Offensiv-Snaps hatte D’Brickashaw Ferguson in zehn Spielzeiten für die New York Jets absolviert und war aus der Offensive Line der Gang Green nicht wegzudenken - kein einziges Spiel hatte er verpasst, war dreimal in den Pro Bowl berufen worden und galt als verlässlicher Left Tackle. Als Ferguson im Alter von 32 Jahren am 8. April 2016 seine Karriere offiziell für beendet erklärte, gab er an, dass er seinen Leistungszenit überschritten habe und seine Fähigkeiten rückläufig seien.
Der wahre Grund für Fergusons abruptes Karriereende dürfte aber vermutlich im Film "Concussions" von Hollywood-Star Will Smith gelegen haben. Bereits drei Tage nach dem Erscheinen des Films in den USA am 25. Dezember 2015 hatte sich Ferguson gegenüber Sports Illustrated sehr nachdenklich über die Langzeitfolgen vieler Gehirnerschütterungen geäußert und das Vertuschungssystem der NFL hinsichtlich der medizinischen Erkenntnisse die Erkrankung CTE betreffend kritisiert. Gute vier Monate später machte Ferguson dann Schluss.
Jim Brown (Runningback, Cleveland Browns, Karriereende 1965)
Für den einschneidendsten Rücktritt aller Zeiten hatte aber wohl NFL-Legende Jim Brown gesorgt. Der Runningback hatte ab 1957 im Trikot der Cleveland Browns eine ganze Ära geprägt. Er war seinen Sportkameraden in der ganzen Liga in Physis und Athletik weit voraus, hatte neun Spielzeiten lang die Liga dominiert und 1964 endlich den NFL-Titel mit seinen Browns gewonnen. Browns Popularität war so groß, dass letztendlich auch die Filmbranche längst beim charismatischen Superstar angeklopft hatte.
Und so kam es 1965 zu einem plötzlichen aber auch kuriosen Karriereende. Im Sommer 1965 hatte Brown die Dreharbeiten zu seinem zweiten Film "The Dirty Dozen" in London aufgenommen. Die Zeiten kollidierten mit dem startenden Trainingscamp der Browns, weswegen der Star-Spieler Besitzer Art Modell in einem Brief darüber informierte, dass er nicht zum Training der Browns kommen werde. Modell, ein Besitzer vom alten Schlag, konterte, dass kein Spieler der Browns die Erlaubnis habe, den Trainingsbeginn zu verpassen. Würde Brown bis zum 17. Juli nicht im Hiram College, dem Ort des damaligen Trainingslagers, eingecheckt haben, würde Modell Brown suspendieren. Brown antwortete in einem weiteren Brief mit den Worten: "Ich schreibe Ihnen, um Sie darüber zu informieren, dass ich in den nächsten Tagen meinen Rücktritt vom Football verkünden werde. Diese Entscheidung ist endgültig." Am 14. Juli 1965 beendete Brown seine legendäre Karriere als einer der besten Runningbacks aller Zeiten im Alter von nur 29 Jahren.