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NFL - National Football League

Sollen einfache Bürger für NFL-Stadien bezahlen?

Der Steuerzahler blecht in der Regel ordentlich für die große NFL-Showbühne. Credit: Imago Images / USA TODAY Network / Jim Dedmon

Die Panthers und Jaguars planen umfassende Renovierungen an ihren Stadien und halten die Hand bei ihren Städten auf. Die zahlen ihren Anteil brav aus öffentlichen Geldern, womit sich mal wieder die grundsätzliche Frage aufdrängt: Sollen Bürger überhaupt für ein NFL-Stadion bezahlen?

David Tepper ist ein reicher Mann, ein ziemlich reicher sogar. Sein Reinvermögen von gut 20 Milliarden US-Dollar platziert ihn komfortabel unter den 100 wohlhabendsten Menschen dieses Planeten. Deshalb kann er sich auch sein eigenes NFL-Football-Team leisten und sich – zumindest theoretisch – Woche für Woche daran erfreuen, dass es ihm und der Welt Brot und Spiele beschert. Damit diese in Zukunft abgesehen von den zuletzt oftmals dürftigen sportlichen Leistungen der Wildkatzen noch ein klein wenig mehr Spaß machen soll das Bank of America Stadium in Charlotte, North Carolina, renoviert werden. Der Kostenpunkt liegt bei circa 800 Millionen Dollar. Nicht ganz wenig, aber für einen Herrn Tepper so, als ob andere sich eine schönere Terrasse bauen oder ihr Dach neu decken lassen. Nur dass es dafür in der Regel keine öffentlichen Gelder als Unterstützung gibt.

NFL-Stadien werden oft vom einfachen Bürger mitbezahlt

Schon gut, der Vergleich hinkt ein wenig, wenn er nicht sogar schon auf Krücken geht. Aber es stimmt tatsächlich, dass Tepper und die Panthers just eine Vereinbarung mit der Stadt Charlotte getroffen haben, nach der diese mit 650 Millionen einen Löwenanteil der anstehenden Investitionen übernehmen wird. Bezahlen tut sie das aus Steuergeldern, die natürlich auch an anderer Stelle eingesetzt werden könnten. Der Vollständigkeit muss festgehalten werden, dass die Panthers weitere Geldbeträge in dreistelliger Millionenhöhe bereits aufgebracht haben und sie auch in Zukunft aufbringen werden, um das Projekt voranzutreiben und zukunftsträchtig zu machen. Unter dem Strich bleibt aber eine knallharte Realität: Die Stadt Charlotte zahlt mit dem Geld seiner Bürger für ein NFL-Stadion. Nichts neues, mögen manche zu Recht einwerfen. Wie just bekannt wurde macht die Stadt Jacksonville bald genau dasselbe bei dem künftigen Bau eines neuen hiesigen Football-Tempels der Jaguars. Aber auch wenn es Usus ist verdient es doch einen genaueren Blick.

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Es stimmt, dass weder die Panthers noch die Jags hier exklusive auf eine geniale Beutezug-Idee gekommen sind. In den USA und auch der übrigen Welt ist es vollkommen normal, dass sich Kommunen, Städte und Länder an der Finanzierung von Sportstätten beteiligen oder enorme Steuervorteile gewähren, sei es bei einer anstehenden Renovierung, einem eigens initiierten Neubau oder auch einem Upgrade aufgrund eines Großereignisses wie der Fußball-Weltmeisterschaft oder Olympia. Ob das die Sache aber nun richtiger macht ist eine ganz andere Frage. Aber hören wir uns erst einmal die Argumente der Teams und im NFL-Fall der Besitzer an. Warum sollte man mit Steuergeldern euer mehr oder minder privates Vergnügen bezahlen?

NFL-Teams haben eigentlich schwächere Argumente

Das Argument dafür zielt vor allem auf Emotionen ab. Eine Sportmannschaft trägt viel zur Stadtkultur bei, schafft Identität und macht die Region nach außen hin attraktiver. Für viele ist Profisport eine interessante Freizeitgestaltung, bringt Prestige, Attraktionen, ein bisschen Glamour. Stars machen sich gut als Aushängeschilder einer Kommune, locken vielleicht Geschäfte an und initiieren gemeinnützige Projekte. Dazu gibt es laut einschlägiger Meinung auch eine ganze Reihe ökonomischer Interessen. Man denke an die ganzen Steuern, die durch ein Profiteam entstehen, der Spielbetrieb kurbelt den Tourismus an und es entstehen lokal allerlei neue Jobs. Auch die Infrastruktur wird in der Regel ausgebaut. Bei so vielen Vorteilen ist es nur logisch, dass eine Stadt alles tun möchte, um ein Team möglicherweise zu sich zu locken oder es im eigenen Ballungsgebiet zu halten. Derartige Diskussionen kennt man ja zuhauf, dass Teams über einen möglichen Standortwechsel nachdenken, wenn ihnen vor Ort die Gegebenheiten nicht mehr passen oder sie zu wenig Kooperation für Großprojekte spüren. Ist ein kleines bisschen Erpressung, letztendlich aber leider im Franchise-System ihr gutes wenn auch moralisch verwerfliches Recht.

Darüber müssen sich die Panthers und die Jaguars nun aber erstmal keine Sorgen machen, denn sie konnten sich mit ihren jeweiligen Städten einigen. Warum das andernorts manchmal alles andere als reibungslos abläuft liegt an der langen Reihe der Gegenargumente, die eine öffentliche Beteiligung an Sportstätten für nicht zielführend und sogar schädlich definiert. Ein Sportteam lässt sich das Jahr über ganz gut mit einer relativ geringen Anzahl an Menschen führen, die versprochenen Jobs sind also meist nur saisonal und schlecht bezahlt, auch wenn sich die Bratwurstverkäufer-Gewerkschaft sicherlich freut und Baufirmen verständlicherweise auch als Player auftreten. Auch der ökonomische Impact auf die Community hält sich laut diverser Studien in Grenzen und wird meist nur von einem Ende der Stadt zum anderen verlagert. Viel von dem neu erwirtschafteten Umsatz geht direkt in die Taschen der Teams und findet eben nicht seinen Weg zurück in den öffentlichen Sektor, auch wenn das in glitzernden Teampräsentationen vor einem möglichen Neubau immer wieder beteuert wird. Für die direkte Community, in der sich ein Stadion befindet, hat der Bau der Sportanlagen sogar fast immer negative Effekte, da bestehende Strukturen aufgebrauchen werden und teilweise ganz verschwinden. Etwaige Infrastrukturverbesserungen könnte man auch direkt als Stadt bezahlen, ohne die explodierenden Kosten eines Stadions obendrauf zu bekommen.

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NFL-Stadion oder Spielplätze? So einfach ist es nicht

Stadion statt Spielplätze, gierige NFL-Besitzer machen sich die Taschen voll - so ganz nach dem altbekannten Motto „Kosten vergesellschaften, Gewinne privatisieren“? Bei allen Vorbehalten gegen diese oft plump daher geraunte Parole ist es teilweise genau das. Dafür enthält das scheinbar schwarz-weiße Gemälde aber natürlich auch noch etliche Grautöne. Es gibt „softe“ Faktoren, die sich nur schwer in ökonomischen Zahlen belegen lassen. Dazu zählen unter anderem Tradition, Verbundenheit, Identitätsstiftung und sentimentale Bedeutungen für Menschen, die einfach nicht rational greifbar sind. Es gibt zum Beispiel Teams, die dürften vom Gefühl her niemals aus ihrer Stadt weggehen, allein schon weil sie dort zu einem absoluten Kulturgut geworden sind. Schnell wird dann von Besitzerseite mit verlustreichem Geschäft argumentiert, aber ist das Monetäre denn wirklich das letztendliche Ziel einer Sportliga? Manche würden sagen ja, andere nein. Gleichzeitig ist die Verstrickung in ein Wirtschaftssystem natürlich nicht von der Hand zu weisen und Besitzer haben nun mal für ihre Teams viel Geld bezahlt, was ihnen bei allem Idealismus im Umkehrschluss auch weitgreifende Rechte einräumt.

Letztendlich verschwimmen immer wieder ein wenig die Grenzen zwischen der Fantasiewelt des Sports und der Realität. Diese schlägt aber gerade dann durch, wenn es zur Kasse geht. Hier sind die Zahlen in der Regel sehr eindeutig und es ist interessant, warum kein größerer landesweiter Aufschrei in Amerika ertönt, wenn öffentliches Geld für Sportstadien eingesetzt wird. Es gibt etliche Beispiele, dass man auch sehr gut Stadien ohne öffentliche Beteiligung bauen und komplett privat finanzieren kann. Da hat der Steuerzahler dann keine Sorgen. Warum trotzdem noch oft erfolgreich öffentliche Gelder von NFL-Teams eingestrichen werden begründet der Ökonom John Charles Bradbury von der Kennesaw State University mit einem bemerkenswerten Vergleich: „Ich sage dann immer gerne, dass zwar die Mehrheit eines Stadtrates in eine Owner Box bei einem NFL-Spiel passt, aber nicht eine Mehrheit der gesamten Bevölkerung.“

Vielleicht hat er bei diesem Satz gezwinkert, wahrscheinlich aber nicht.

 

 

Über den/die Autor/in
Moritz Wollert
Moritz Wollert
Moritz Wollert schreibt für TOUCHDOWN24 u.a. über die NFL. Für das monatliche Print-Magazin schreibt er u.a. die NFL History Artikel

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