Der NFL Draft 2024 ist in trockenen Tüchern und hielt allerlei Schlagzeilen für die Football Community parat. Eine davon waren die sechs Quarterbacks, die in der ersten Runde gingen – ein historischer NFL-Rekord. Sie alle blicken nun unter ganz unterschiedlichen Vorzeichen auf ihre Profikarriere.
Quarterbacks, die in der ersten Runde des NFL Draft gezogen werden, haben es in der Regel schwer – ganz besonders diejenigen, die in den Top Fünf gehen. Der Grund dafür liegt einfach darin, dass ihre neuen Teams sich den hohen Draft Pick ja redlich mit miesen Leistungen verdient haben und somit dem Youngster im Regelfall alles andere als gute Rahmenbedingungen für den Start einer Profikarriere präsentieren. Als ob das Quarterback-Spiel in der National Football League nicht so schon schwer genug wäre!
Die Teams der härtesten Liga der Welt wissen das natürlich auch und versuchen dementsprechend gegenzusteuern. Vom kompletten Babysitting bis zu ein bisschen Eingewöhnungszeit auf der Ersatzbank gibt es etliche Ansätze, von denen keiner ein Allheilmittel zu sein scheint, die aber jeweils für den individuellen Spieler zum entscheidenden Karrierekick werden können. Dementsprechend spannend ist es, wer sich von den diesjährigen sechs Signal Callern aus Runde Eins die größten Hoffnungen auf schnellen NFL Erfolg machen kann und wer es vielleicht an seiner neuen Wirkungsstätte etwas schwieriger haben könnte.
Caleb Williams will den Bears-Quarterback-Fluch brechen
Caleb Williams kann sich definitiv glücklich schätzen und das nicht nur, weil er just als erster Pick des NFL Draft 2024 zum millionenschweren Profifootballer geworden ist. Der ehemalige USC-Quarterback hat auch noch das Glück bei den Chicago Bears in eine gar nicht so schlechte Mannschaft hineinzustoßen, eine die zumindest ein ganzes Stück besser ist als jene, die sonst so den ersten Pick im NFL Draft aufgrund ihrer unterirdischen Vorsaison abgreifen. Die Bears bekamen den Pick durch einen Trade mit Carolina, ihr eigener Pick erfolgte an Nummer Neun, womit sie zuletzt keine Berge versetzten, aber zumindest auch nicht ganz im Ligakeller feststeckten.
Zusammen mit Wide Receiver Rome Odunze hat Williams auch noch direkt einen jungen Kollegen, mit dem er zusammen in der neuen Bears-Offensive unter Coordinator Shane Waldron wachsen kann. Geteiltes Leid ist halbes Leid und es ermöglicht eine wesentlich schnellere Entwicklung. Obendrauf bekommt Williams direkt ein ganzes Arsenal an erfahrenen Skill Position Stars an die Seite gestellt, wobei gerade Keenan Allen und D.J. Moore ihm vieles erleichtern werden. Runner D’Andre Swift ist zudem ein guter Pass Catcher und kann als Outlet regelmäßig zur sportlichen Lebensversicherung werden.
Alles perfekt also in der „Windy City“? Nicht ganz. Trotz einiger Neuverpflichtungen muss man die Offensive Line noch als wackelig bezeichnen und dann gibt es da ja noch den lange bekannten Quaterback-Fluch der Chicago Bears. Egal was sie auch versuchen, in den letzten Jahrzehnten will es mit einem echten Franchise-QB nicht so richtig klappen, auch historisch hinkt man trotz seiner ruhmreichen Geschichte in diesem Bereich hinter vielen Franchises hinterher. Das kalte Wetter ist dabei nur ein Faktor, den aber auch Williams in Zukunft zu spüren bekommen wird.
Hauptstadt hofft auf Jayden Daniels
Jayden Daniels hat während seiner College-Karriere mehrfach bewiesen, dass er gut zu Fuß ist und elektrische Highlights im Run Game abliefern kann. In Washington könnte dieses Talent schnell auf den Prüfstand gestellt werden, denn seine Offensive Line verspricht nicht unbedingt sorgenfreie Sonntagnachmittage. Letztes Jahr zählte die Gruppe zu den schlechtesten der gesamten Liga und die zahlreichen Neuankömmlinge wie Ex-Cowboys-Center Tyler Biadasz müssen sich erst einmal zu einer Einheit zusammenfinden.
Hilfe könnte für Daniels vor allem vom neuen Commanders-Runningback Austin Ekeler kommen, der mit seiner Spielweise zum „besten Freund“ des jungen Quarterbacks heranreifen könnte. Ekeler ist ein ausgemachter Profi im Passspiel, kann vielseitige Routen laufen und strotzt nur so vor Kreativität. Gleiches lässt sich auch für Terry McLaurin auf der Außenbahn sagen, der als talentierter und tougher Pro Bowl Receiver schnell in den Fokus von Jayden Daniels kommen wird. Der Vollblutprofi wird Daniels sicherlich auch im Locker Room helfen können.
Um alles weitere wird sich vor allem Offensive Coordinator Kilff Kingsbury kümmern müssen, der sich gerade in seiner Zeit am College einen Ruf als Quarterback-Flüsterer erarbeitet hat. Auch wenn er zuletzt als Head Coach in Arizona scheiterte, könnte der gewiefte Play Caller für Daniels zum ganz wichtigen Faktor werden.
Drake Maye in Tom Bradys Fußstapfen
Tom Brady steht nicht mehr hinter dem Center, Bill Belichick wandert nicht mehr an der Seitenlinie – es weht tatsächlich ein frischer Wind in New England. Dies gilt nicht zuletzt wegen Drake Maye, dem dritten Pick des NFL Draft 2024. Für den ehemaligen Quarterback der North Carolina Tar Heels könnte das Lüftchen aber ziemlich schnell zum ordentlichen Gegenwind werden, denn manch einer vertritt die These, dass er die schlechteste Ausgangsposition aller diesjährigen Erstrunden-QBs vorfindet.
Seine Offensive Line wackelte im Vorjahr gewaltig und hat kaum signifikant nachgebessert. Viel mehr hofft man auf Entwicklung bei einigen Youngstern, was aber allerlei Fragezeichen mit sich bringt. Nicht unbedingt das, was man einem jungen Quarterback präsentieren möchte. Gleiches gilt für das punktuell zwar interessante, dafür aber in der Breite doch eher mittelmäßige Receiving Corps der Patriots. Hunter Henry als Top-Tight-End muss hier einiges auffangen.
Neu Offensive Coordinator Alex Van Pelt dürfte sein System auf viel Play Action und ein starkes Laufspiel aufbauen, was einem jungen Passer sicherlich zugute kommt. Ebenso für Maye spricht, dass er mit Jacoby Brissett einen ausgemachten Top-Backup neben sich hat, der eventuell sogar als Starter in die Saison gehen könnte. Was im ersten Moment wie eine Degradierung erscheinen mag könnte auf lange Sicht ein Segen für den talentierten Frischling sein.
NFL Rookie-Quarterbacks landen in interessanten Situationen
Der Pick von Michael Penix kam bei den Atlanta Falcons extrem überraschend, schließlich hat man ja gerade erst Kirk Cousins den Geldtransporter vor der Tür geparkt. So skurril der Move auch erscheinen mag, ein „Double Dip“ ist vielleicht gar nicht die schlechteste Lösung. Für Penix bedeutet es zwar einerseits allerlei Geräusche, andererseits gibt es sicherlich schlechtere Veteranen als Cousins, von denen man als Youngster lernen kann.
Wieviel Sam Darnold in dieser Hinsicht für J.J. McCarthy in Minnesota tun kann sei einmal dahingestellt. Dafür aber findet der National Champion von den Michigan Wolverines sonst fast perfekte Bedingungen für einen guten Karrierestart vor. Justin Jefferson ist der vielleicht beste Receiver der NFL und sein Sidekick Jordan Addison bringt auch enorm viel Talent mit. Dazu steht die Offensive Line wie eine Eins wenn die Gesundheit stimmt und Head Coach Kevin Mc’Connell ist genau die Art von smartem, empathischen Offensive Mind, die sich Rookie Quarterbacks wünschen sollten.
Der Ton in Denver könnte da für Bo Nix unter Sean Payton sicherlich etwas rauer sein, wobei der junge Spieler von der University of Oregon sicherlich auch jede Chance bekommen wird, sich zu beweisen. Die anstehende NFL Saison wird von vielen in Denver als Übergangsjahr gesehen, in dem man vor allem Nix entwickeln und ihm viel Zeit mit Paytons bewährtem System einräumen kann. Eine starke Offensive Line hilft immens, dafür ist der Rest des Angriffs auf dem Papier bestenfalls mittelmäßig.