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NFL - National Football League

San Francisco 49ers: Ein Drive für die Ewigkeit

John Taylor fing den entscheidenden Pass - Foto: IMAGO / USA TODAY Network

3:10 Minuten haben die San Francisco 49ers in Super Bowl XXIII im Januar 1989 noch auf der Uhr, 92 Yards grünes Feld liegen zwischen ihnen und einem weiteren Erfolg im großen Spiel. Weder zu wenig noch zu viel, um Joe Montana alias “Joe Cool“ vor 35 Jahren aus der Ruhe zu bringen.

Tackle Harris Barton, kurz “H”, sowie der Rest der Offense der San Francisco 49ers stehen auf dem Feld, als Barton gefragt wird: “H, ist das nicht John Candy da hinter der anderen Endzone?!” Barton und der Rest der Offense drehen sich um. Tatsächlich, am anderen Ende des Spielfeldes im prall gefüllten Joe Robbie Stadium zu Miami steht der beleibte Schauspieler und futtert seelenruhig Popcorn. “Oh ja, das ist er.”

Dann ertönt ein Pfiff. Der Huddle löst sich auf, die Niners wenden sich der Endzone zu, in der ihr Quarterback Joe Montana gerade den Hollywood-Spaßvogel mit dem süß klingenden Nachnamen erspäht hat. 92 Yards liegen zwischen ihnen und abermaliger Unsterblichkeit, jener, die das Team bereits zweimal zu Beginn der 1980er erringen kann. Doch Montana scheint mittlerweile menschlich, fehlbar. Ein Jahr zuvor verbannt ihn Coaching-Legende Bill Walsh bei der blamablen Playoff-Niederlage gegen Minnesota auf die Bank und schenkt Steve Young das Vertrauen, was nicht minder einer Majestätsbeleidigung nahekommt, wie die Worte, die Walsh vor der 1988er Saison spricht. “Vielleicht haben wir eine Quarterback-Kontroverse“, zweifelt der Meistermacher vielsagend. Nach mehrfachem Hin und Her ist es doch Montana, der als Starter besteht und der in Super Bowl XXIII wieder den Sieg vor Augen hat.

92 Yards, 3:10 Minuten

Die 49ers erblicken den Ball nach einer Strafe an der eigenen Acht-Yard-Linie, die Cincinnati Bengals führen mit 16:13. In Montanas Rücken warten Roger Craig und Tom Rathman in der Split-Back-Formation. Craig läuft eine kurze Seam Route und fängt den Ball für acht Yards. Das Team baut sich sofort auf, Montana initiiert die No Huddle Offense, gestikuliert zu beiden Seiten des Feldes. Ruhig wirkt die Nummer 16, kein Wort zu viel, keine verschwendete Bewegung. Der nächste Snap, schon wieder schnellt der Ball früh aus der Hand, diesmal zu John Frank für sieben Yards. Der Drive läuft, noch 2:40 Minuten, unerbittlich ticken die Sekunden. Dann geht Montana zu seinem berühmtesten Mitspieler in der Flat. Jerry Rice nutzt den enormen Respekt der Bengals und tritt nach sieben Yards aus dem Feld. Damit schraubt er sein Tagwerk auf über 170 Yards. Die Uhr stoppt bei 2:28, kurzes Durchatmen. An der Sideline wippt Walsh nervös von einem Fuß auf den anderen, lauscht den Calls im Headset, scannt gebannt das Feld.

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An der eigenen 30 Yard Line wechseln die Niners zur I-Formation, die Bengals kontern in einer 4-3-Defense. Da der erste kleine Fehler, Craig und Montana rennen bei der Ballübergabe inmitten eines Pressures von Skip McClendon fast gegeneinander, dessen Nebenleute ersticken den Spielzug im Keim. Die 49ers bleiben unbeeindruckt, mit drei Timeouts in der Tasche warten sie bis zum Two-Minute Warning. Verschnaufpause. San Francisco kommt wieder mit Split Backs aus dem Break, Montana macht den Inside Handoff an Craig, der rechts attackiert. Defensive End Jim Skow lässt mit einem Upfield Rush ein weites Gap entstehen – First Down. Der Ball ist an der 35 Yard Line. Dann bringt Cincinnati Druck und kollabiert die Pocket. Ein Blick, ein Armzug. Rice fängt das Spielgerät auf einer Out-Route an der 47-Yard-Linie der Bengals, 1:47 zeigt die Uhr und steht. Sofort ist Montana wieder hinter dem Center, die nächste Slant zu Craig bringt weitere 13 Yards und das nächste First Down. Kaum rappelt sich der Runningback auf, hallen schon die nächsten Anweisungen Montanas über das Feld. Ein kurzer Wink zu Rice, dann positioniert er sich.

Penalty und Touchdown

Diese Route haben die Bengals eben erst gesehen, Cornerback Eric Thomas ist diesmal einen Schritt schneller. Montana überwirft Rice – 2nd Down. Wieder kommt der Pressure Cincinnatis, Montana muss nach links ausweichen, trotzdem findet er Craig. Eine gelbe Flagge auf dem Rasen lässt den Atem stocken: Randy Cross wird als Ineligible Man Downfield erwischt, die Niners müssen zehn Yards zurück. Die müden Bengals wittern Morgenluft, 2nd und 20 noch zu gehen. In einem Game of Inches. Just als Cincys Pass Rusher beim nächsten Snap auf Montana einstürzen, wird dieser den Ball los. Er fliegt zu Rice, der seine Dig Route inmitten von drei Verteidigern läuft, diese bekommen weder Ball, noch Mann. 27 Yards schafft der Receiver und plötzlich stehen die 49ers an Cincinnatis 18 Yard Line. Bevor die Bengals begreifen, was passiert ist, bekommt ein freier Craig den Ball wieder zwischen den Seams und holt weitere acht Yards. Jetzt nimmt San Francisco seine erste Auszeit.

Walsh und Montana beraten sich, das letzte, was der große Coach seinem Leader sagt, ist: “Wirf nicht in eine Double Coverage.“ Rice geht mit noch 40 Sekunden in Motion, läuft von rechts nach links. Der Snap kommt zu Montana, er schaut, schaut ein weiteres Mal. Dann feuert er den Ball in die Mitte. Er schießt zwischen zwei Verteidigern – der Double Coverage – durch in die wartenden Arme eines laufenden John Taylors. Touchdown, frenetischer Jubel. Augenblicke später steht es 20:16 für die 49ers. Der dritte Titel ihrer Dynasty ist perfekt. Jener Moment soll ein Kapitel von Montanas großer Karriere beschreiben, das von ihm als relaxtem sportlichen Superheld namens “Joe Cool“ erzählt, jenem Quarterback, für den keine Situation auf dem Spielfeld zu brenzlig erscheint. Oder eben so ernst, dass man sich nicht über John Candy freuen könnte. “Ich habe das eigentlich nur für Harris Barton gemacht“, schmunzelt Montana und gibt dem Märchen vom genialen Druckventil einen persönlichen Twist. “Er hat sich immer so gefreut, wenn er Prominente getroffen hat und ich meinte, dass er Candy damals noch nie begegnet war.“ An diesem Tag hat sich Barton ganz sicher gefreut.

Der Text stammt aus unseren Print-Ausgaben

Über den/die Autor/in
Moritz Wollert
Moritz Wollert
Moritz Wollert schreibt für TOUCHDOWN24 u.a. über die NFL. Für das monatliche Print-Magazin schreibt er u.a. die NFL History Artikel

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