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NFL - National Football League

Joe Namath - Zwischen Shea Stadium und Broadway

Ein Lebemann neben dem Gridiron: Joe Namath - Foto: IMAGO / Everett Collection

Ein junger, gutaussehender Mann, Mitte 20, schlendert durch einen Supermarkt. Er bedient sich recht freizügig an Käse, Schinken, Salat, Senf und Weißbrot, um sich in aller Seelenruhe ein Sandwich zu kreieren. Dieses wird nebst einem Schluck Milch direkt aus der Kühltheke und einem Cupcake als Dessert noch vor Ort genüsslich verzehrt. An der Kasse bezahlt er lediglich ein Päckchen Kaugummi und wirft dabei einen Blick auf die schöne Kassiererin. Vor dem Laden wartet bereits die Harley für einen stilvollen Abgang. Zu sehen ist diese Szene im Aktionfilm “C.C. and Company“ von 1970. In der Hauptrolle als Anführer einer Biker-Gang: Joe Namath. Der Film zeigt die andere, nicht weniger glamouröse Seite des Sportidols, dessen Spitzname schon zu dieser Zeit den Nagel auf den Kopf trifft: Broadway Joe.

--- von Dirk Krasky ---

Kein Footballspieler vor und nach ihm vereinte diese Attribute besser, setzte sich gekonnter über Regeln und spießige Ansichten hinweg, als der Quarterback der New York Jets - Joe Namath. Seine zahlreichen Rekorde sowohl im College als auch in der NFL stehen nicht weniger vielen Hollywood-Filmen und Auftritten gegenüber. Mit seinen blauen Augen und dem gewinnenden, einnehmenden Lächeln lag Namath die Damenwelt zu Füßen. Dieser Kerl passte in die Stadt, die niemals schläft.

 Sportidol, Filmstar und Frauenschwarm

Wie geschaffen für die große Bühne auf und abseits des Gridions. So unterzeichnete Namath nicht etwa nur einen Vertrag bei der Gang Green für die damalige Rekordsumme über 427.000 US-Dollar. On top gab es einen nagelneuen 1966er Lincoln Continental, eine amerikanische Limousine der Oberklasse, zum standesgemäßen Cruisen. Der Happy Hipster wusste ganz genau, wie er sich in Szene zu setzen hatte. Nicht nur, dass er in der Freizeit gerne mit übergroßer, dunkler Sonnenbrille, weißem Pelzmantel und weißen Turnschuhen unterwegs war, nein auch auf der Bank am Spielfeldrand nahm ein verletzter Namath gerne in diesem Outfit platz. Interviews mit dem Magazin Playboy und pikante Fragen zu den Nächten vor wichtigen Spielen oder seinen mehr als 300 intimen Partnerinnen zu College-Zeiten in Alabama beantwortete Namath stets entspannt und auskunftsfreudig.

Auf die Frage “woher er es denn so genau wisse, dass es über 300 Frauen gewesen waren“, antwortete Joe: “Im Unterricht war mir langweilig, da habe ich angefangen eine Liste zu schreiben.“ Auch in den angesagten Talkshows seiner Zeit, bei Moderatoren wie Dick Cavett, Flip Wilson, Johnny Carson und David Letterman, war er ein häufiger und gerngesehener Gast. Ebenso hatte Namath in amerikanischen Serien wie Love Boat, A-Team, Alf und der Zeichentrickserie “Die Simpsons“ seine Auftritte. Sogar eine Golden-Globe-Nominierung für seine Rolle in der Komödie “Norwood“ erhielt er 1971.

In Manhattan eröffnete er noch zu seiner aktiven Spielerzeit seinen Nachtclub - “Bachelors III“. Allerdings sorgten zwielichtige Gestalten der Halbwelt und deren Machenschaften, welche im Club stattfanden, für schlechte Publicity bei der National Football League. Und so wurde Namath sehr bald von NFL Commissioner Pete Rozelle vor die Wahl gestellt, seinen Club zu schließen oder für den weiteren Spielbetrieb der NFL suspendiert zu werden. Namath bestritt vehement von illegalen Geschäften gewusst bzw. etwas damit zu tun zu haben und verkündete ganz im Stile von Broadway Joe vor etwa 200 Journalisten unter Tränen, dass er seinen Club verkaufen werde.

All diese Umstände, Skandale, Eskapaden und Off-the-Field-Geschichten sind für die Bildung der Legende von Broadway Joe ein maßgeblicher Bestandteil. Er war der richtige Typ zur richtigen Zeit am richtigen Ort, dem Big Apple. Heute wäre es doch sehr schwer vorstellbar, dass ein Franchise Quarterback ganz freizügig mit Vertretern der Presse über die Nacht vor dem Super Bowl spricht, und dabei die Rede von Frauen und Alkohol ist. So, wie es Namath vor 50 Jahren zum Besten gab. Dabei fing alles ganz harmlos an.

 Beschaulicher Beginn

Joe Namath wurde am 31. Mai 1943 im damals etwa 17.000 Einwohner zählenden Beaver Falls, 50 Kilometer nordwestlich von Pittsburgh im Bundesstaat Pennsylvania, geboren. Als Sohn ungarischer Einwanderer wuchs er in der beschaulichen Kleinstadt-Atmosphäre in einer vom Stahlbau geprägten Region auf. Schon früh wurden die athletischen Fähigkeiten von Namath sichtbar, der neben Football auch Baseball und Basketball spielte. Zu High-School-Zeiten trug Joe gerne ein Jersey mit der Nummer 19 seines Vorbilds, Colts-Quarterback Johnny Unitas. “Wenn ich dieses Trikot trug, fühlte es sich immer an, als sei ich er“, erinnerte sich Namath an diese Zeit.

Nach der High School lag ihm neben einem Football-Stipendium auch ein Profiangebot der MLB-Baseballliga vor. Dem Druck seiner Mutter beugte sich Joe und ging an die University of Alabama und wurde ein Teil der Crimson Tide, der Footballmannschaft des Colleges.

Als Howard Schnellenberger von Alabama zu Namath und seiner Mutter nach Beaver Falls kam, um Joe für seine University zu rekrutieren, gefiel ihr dieser Coach und sein Auftreten so gut, dass sie eilends eine Tasche für ihren Sprössling packte und Joe mit den Worten “Nehmen Sie ihn mit“ in dessen Obhut überließ. Namath spielte von 1962 bis 1964 in drei Spielzeiten für die Tide. Schnell erkannte man dort sein Potenzial. Er entwickelte sich zu einem herausragenden Quarterback mit einem Gesamt-Rating von 125,7. Die Crimson Tide stellte in den drei Jahren mit Namath einen 29-4-Rekord auf.

Unter Head Coach Paul “Bear“ Bryant gewann Alabama 1964 die College-Meisterschaft. Namath verzichtete auf sein letztes Jahr am College und ging mit 2713 Passing Yards und 24 Touchdowns im Gepäck zum Draft 1965. Sowohl die St. Louis Cardinals als auch die New York Jets drafteten ihn in der ersten Runde. Damals waren die Ligen noch nicht vereint und es gab zwei Drafts. Namath entschied sich für den Glamour und die Anziehungskraft der Weltstadt. New York wurde für elf Jahre seine neue Heimat.

Quarterback der Gang Green

Die Jets angelten sich Namath mit ihrem ersten Pick in der ersten Runde und bereits erwähnter Rekord-Gage und entsprechendem Fahrzeug. Die in der AFL beheimatete Franchise machte das Rennen um den begehrten Quarterback vor den Cardinals aus dem eher beschaulichen St. Louis. Gleich in seinem ersten Jahr bei der Gang Green warf der neue Star am Quarterback-Himmel Pässe für 2220 Yards zu seinen Mitspielern und verbuchte dabei 18 Touchdowns. 1966 waren es bereits über 3300 Yards, ehe im geschichtsträchtigen Jahr 1967 die Schallmauer von 4000 Yards durchbrochen wurde. Namath hatte sich in die Herzen der New Yorker gespielt. Die Jets wurden Zweiter in der AFL Eastern Division, hinter den um lediglich einen Sieg besseren Houston Oilers. Ein Jahr später waren die Vorzeichen umgedreht: Namath führte seine Franchise zum deutlichen Gewinn der AFL Eastern. Mit einem 11-3 Rekord verwiesen sie die zweitplatzierten Oilers (7-7) in die Schranken.

Im AFL Championship Game gegen die Oakland Raiders am 29. Dezember 1968 im heimischen Shea Stadium wurde der zweite Finalist für Super Bowl III, der damals noch AFL-NFL World Championship Game hieß, gesucht. Vor mit über 62.000 Zuschauern ausverkauften Rängen brachte ein 14-Yard-Pass von Namath auf Don Maynard und ein Field Goal von Jim Turner die 10:0-Führung im ersten Quarter. Zur Halbzeit war der Vorsprung auf nur noch drei Punkte zusammengeschmolzen. Nachdem Oakland im dritten Viertel den Ausgleich zum 13:13 erzielte, war es an Namath mit seinem zweiten Touchdown, 20 Yards auf Pete Lammons, wieder die Führung zu beanspruchen. Auf ein weiteres Field Goal der Raiders folgte eine folgenschwere Interception von Namath, welche im Anschluss für die erste Raiders-Führung sorgte. Doch Namath war wenig beeindruckt und führte sein Team über das gesamte Feld und mit seinem dritten Touchdown-Pass zum 27:23 direkt in den Super Bowl.

Super Bowl III: Ich garantiere euch den Sieg

Namath und seine Jets gingen als krasser Außenseiter in dieses Finale. Zu dominant waren das Auftreten und die Spielweise der Baltimore Colts zu dieser Zeit in der NFL. Um so erstaunlicher war dann die Aussage des charismatischen Quarterbacks kurz vor dem Spiel, als er gegenüber den Medien folgende Ansage machte: “Ich habe Neuigkeiten für sie. Wir werden dieses Spiel gewinnen. Ich garantiere es.“

Und so kam es dann auch. Nach einem punktelosen ersten Viertel gingen die Jets mit einer 7:0-Führung durch einen Lauf-Touchdown in die Halbzeit. Namath war im ganzen Spiel wenig auffällig. Spielte er doch weniger Pässe als im Championship Game und diese dann zu eher unbedeutenden Receivern. Allerdings spielte er dabei fehlerfrei. Als dann im letzten Quarter bei einer 16:0-Führung seiner Jets auch die Einwechslung seines Idols aus High-School-Tagen, Johnny Unitas, bei den Colts nicht den gewünschten Erfolg brachte, war Namath endgültig unsterblich geworden. Die Auszeichnung zum Super Bowl MVP krönte seine hervorragende Saison.

Sportlicher Abgesang

Obwohl Namath seine Jets noch einmal mit einer 10-4-Bilanz in das AFL Championship Game führte, begann sein Stern zu sinken. Im heimischen Shea Stadium verlor der amtierende Super Bowl Champion mit 6:13 gegen die Kansas City Chiefs. Zahllose Verletzungen, zum Teil noch aus College-Zeiten, warfen Namath immer häufiger zurück. Seine Touchdown/Interception-Bilanz war dauerhaft ins Negative gerutscht. Und Schlagzeilen wurden fast ausschließlich abseits des grünen Rasens produziert. 1974 wurde Namath nach 20 Touchdowns und über 2600 Passing-Yards noch einmal als Comeback Player of the Year ausgezeichnet. 1977 tauschte er seinen Wohnsitz New York gegen Los Angeles. Doch bei den Rams sollte Broadway Joe nur vier Spiele bestreiten. Hier beendete der fünfmalige Pro Bowler auch seine aktive Karriere. 1985 wurde Namath in die Pro Football Hall of Fame aufgenommen und im Jahr 2010 wurde er von seinen Jets mit der Aufnahme in den Ring of Honor geehrt. Seine Nummer 12 ist bei der Gang Green für alle Zeiten gesperrt.

Was für immer in Erinnerung bleibt, ist der Sieg im Super Bowl III und die Zeit um 1970 herum, der dieser charismatische Hipster seinen glamourösen Stempel aufgedrückt hat.


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