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NFL - National Football League

Jalen Carter: Was steckt hinter den Anschuldigungen?

Jalen Carter sieht sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt. Credit: Imago Images / Jose Marin / ZUMA Wire

Jalen Carter ist der beste Defensive Tackle im NFL Draft 2023. Kein anderer Spieler auf seiner Position konnte ihm die Spitzenplatzierung bisher streitig machen. Doch nun kam am NFL Combine eine Geschichte auf, über die er stolpern könnte. 

Carter reiste zunächst, wie alle anderen großen Talente seines Jahrgangs nach Indianapolis, um sich dort vor allem in Interviews allen interessierten Teams zu präsentieren. Doch bereits am ersten Tag, wurde der 21-jährige gezwungen, wieder abzureisen. Das an seiner Universität ansässige Police Department in Athens, Georgia, erließ einen Haftbefehl gegen ihn, da man ihn anklagte, er soll in den tödlichen Unfall seines Teamkollegens Devin Willock und des Mitarbeiters Chandler LeCroy verwickelt gewesen sein. 

Willock und LeCroy kamen vor ein paar Wochen mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab und verunglückten tödlich. Der Vorwurf an Carter ist nun, dass er sich ein Rennen mit den beiden geliefert haben soll und anschließend Fahrerflucht begangen hat. Er ließ sich deshalb inhafiteren, um 16 Minuten später auf Kaution für 4.000 US-Dollar wieder auf freien Fuß zu kommen. Danach flog er wieder zurück zum NFL Combine und stellte sich den Fragen der Reporter. Dabei beteuerte er stets seine Unschuld. 

Vergleich zu Laremy Tunsil hinkt

Nun wurde Carter erstmal in der öffentlichen Diskussion herabgestuft und findet sich in Mock Drafts ein paar Plätze weiter hinten wieder. Vergleiche zu Laremy Tunsil werden angestellt, der im NFL Draft 2016 als First Overall Draft Pick gehandelt wurde, ehe ein unmittelbar vor dem Draft veröffentlichtes Video ihn bis auf Platz 13 zu den Miami Dolphins rutschen ließ.

Dabei liegt der Fall Carter aus mehreren Gründen ganz anders. Und hierfür müssen wir verstehen, wie die Evaluation von Draft Prospects abläuft, bei denen es Gerüchte über charakterliche Probleme gibt. 

Zum einen differenzieren viele Teams zwischen Auffälligkeiten unterschiedlicher Art. Während die Chicago Bears mit ihren kirchentreuen Besitzern bekannt dafür sind, jegliche Problem-Kids kategorisch auszuschließen, da sie den Ruf der Franchise und letztendlich auch der McCaskey-Familie schädigen können, gibt es in der NFL nicht nur Hardliner. Andere Owner sorgen sich höchstens darum, ob die Anschuldigungen dafür sorgen könnten, dass Carter Teile seiner Karriere deshalb verpassen könnte, weil er im Gefängnis sitzt oder von der NFL eine Sperre erhält.

Und dann gibt es da noch die Owner, die bei der Art des Vergehens abwägen. Mark Davis, Besitzer der Las Vegas Raiders, hat kein Problem damit, schwierige Spieler in sein Team zu holen, solange sein Staff davon ausgeht, dass sie den jungen Mann im Griff haben. Bei Sexual- oder Gewaltstraftaten zieht er hingegen eine rote Linie. Spieler, die wegen häuslicher Gewalt oder Belästigung angezeigt wurden, sind für Davis tabu. 

Noch sieben Wochen bis zum NFL Draft

So oder so machen alle Teams einen Hintergrundcheck von jedem Talent, welches sie in den ersten Runden draften möchten. Das würde jeder vernünftige Arbeitgeber bei einem Millionen-Investement tun, bevor er sich für eine Verpflichtung entscheidet. 

Und das ist der größte Unterschied zu Laremy Tunsil. Bereits acht Wochen vor dem NFL Draft haben alle Teams die Info über Carters Verhaftung erhalten. Seitdem wissen alle 32 Teams, dass er noch zu haben sein könnte, wenn sie an der Reihe sind, weshalb sich alle nun intensiv mit seinem Charakter und den Anschuldigungen beschäftigen werden. Acht Wochen sind dafür eine Menge Zeit. 

Wenn sich für mehrere Teams dabei herausstellt, dass Carter, wie viele andere junge Menschen, mal etwas auf die Tube gedrückt hat und dabei bereits aus dem tragischen Tod zweier Teamkameraden vieles auf die wohl schwerste Art dazugelernt hat, werden sie kein Problem damit haben, ihn zu draften. Sollten sich allerdings die Vorwürfe des illegalen Straßenrennens bestätigen und sich zudem herausstellen, dass Carter sich bei seinen Aussagen immer wieder in Lügen verstrickt hat, dann wäre das ein klarer Grund, sich Sorgen zu machen. 

Die Rolle der Georgia Bulldogs

Nun kommt meine persönliche Meinung dazu. Viele von uns sind vielleicht auch einmal zu schnell mit dem Auto unterwegs gewesen und das soll hier an keiner Stelle gut geheißen werden, aber mir hat deshalb später nie jemand charakterliche Probleme attestiert. Bei einem illegalen Straßenrennen sieht das für mich schon anders aus. Nun gehörte ich aber auch nie zu diesem Klientel, war nie in der Szene der illegalen Racer unterwegs und habe mich mit dem Feld nie wirklich beschäftigt, weshalb es mir schwer fällt, hier zu urteilen. 

Experten dafür gibt es aber und diese werden bei den NFL Teams nun Hochkonjunktur haben. Denn anders lässt sich kaum herausfinden, wie die späteren Biographien von solchen Rasern aussehen.

Interessant ist für mich allerdings die Rolle der Georgia Bulldogs. Coaches von College Teams, noch dazu in einer Stadt mit knapp über 100.000 Einwohnern, sind sehr vernetzt in ihrer Community. Kirby Smart und sein Staff müssen etwas von den Untersuchungen gewusst haben und waren sicher alarmiert, dass es bald zu einer Verhaftung kommen könnte. Warum hat Smart seinen Schützling ins offene Messer laufen lassen? Warum hat er ihm nicht davon abgeraten, zum Combine zu fahren? Oder hat Smart das getan und Carter hat nicht auf ihn gehört? Und wie kann seinem Spielerberater so etwas nicht im Vorfeld auffallen? Schließlich büßt auch der Berater bei einem späteren Draft Pick Teile seiner Provision ein. 

Viele Fragen, die eine Antwort verlangen. Wir können davon ausgehen, dass die meisten NFL Teams bezüglich Jalen Carter ihre Hausaufgaben bis zum NFL Draft erledigen. Wenn Carter also am Draft Day aus den Top Fünf oder gar den Top Ten fällt, ist tatsächlich etwas dran an der Geschichte, was die Owner und General Manager verunsichert. Bleibt er in den Top Fünf, hat eine Franchise die passenden Antworten auf ihre Fragen gefunden. 


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