Patrick Mahomes von den Kansas City Chiefs startete die Season als Favorit auf den MVP-Titel und nach sechs Wochen steht er immer noch an der Spitze der Wettquoten. In seiner spielfreien Woche sah er, wie ein anderer MVP-Kandidat brillierte: Lamar Jackson von den Baltimore Ravens.
Es gab frühe Vergleiche zwischen dem amtierenden MVP Lamar Jackson und einem der Favoriten für den Rookie of the Year, Jayden Daniels von den Washington Commanders. Doch am Sonntag in Baltimore zeigte Jackson, dass er eine Klasse über dem Rest steht und das mit einem nahezu perfekten Spieltag. Er warf in seinem zweiten Spiel in Folge über 300 Yards, wobei er über 75 Prozent seiner Pässe anbrachte und führte die Ravens zu ihrem vierten Sieg in Folge.
Mobile Quarterbacks, die den Ball auf einem extrem hohen Niveau konstant werfen können, scheinen manche Leute zu verwirren. Es gibt immer noch jene, die felsenfest behaupten, dass Jackson eher ein improvisierender Werfer sei, der aus der Pocket wenig effektiv ist und das "Herumlaufen“ braucht, um wirklich erfolgreich zu sein. Nun, der zweifache MVP (2019 und 2023) kann nur weiterhin beweisen, dass seine Kritiker falsch liegen. Das tut er in dieser Season definitiv. Auch wenn er möglicherweise mit seinem Runningback um die MVP-Krone streiten wird. Derrick Henrys Ankunft und die Art und Weise, wie die Ravens ihre Gegner mit ihren unübertroffenen Rushing-Konzepten dominieren, zeigt nur, wie unberechenbar sie geworden sind.
MVP: Jackson vs. Henry?
Es ist für die Defensiven noch schwieriger als sonst, eine Lösung für das "Lamar-Problem“ zu finden, da Henry nun im Backfield der Ravens steht. Selbst als die Commanders die Box mit Verteidigern vollgepackt haben, stießen die Ravens am Boden auf wenig Widerstand. Henry erlief 132 Yards und erzielte zwei Touchdowns, wobei ein Großteil seiner Produktion bei Läufen nach außen zustande gekommen ist. Washington versuchte Henry zwischen den Tackles zu halten, doch Ravens-Offensive-Coordinator Todd Monken war C0mmanders-Head-Coach Dan Quinn den ganzen Nachmittag einen Schritt voraus und sie stoppten weder Henry noch Jackson.
Henry führt nun die NFL sowohl bei den Rushing Yards (mit fast 100 Yards Vorsprung) als auch bei den Touchdowns (zwei Vorsprung) an. Er hat alle Erwartungen übertroffen, die Baltimore nach der Unterzeichnung des 30-Jährigen hatte. In den ersten sechs Wochen der 2024er NFL-Season hat Jackson 118 von 176 Pässe für 1529 Yards und 10 Touchdowns bei nur zwei Interceptions geworfen. Dazu ein Passer-Rating von 108.4 (nur Joe Burrow und Baker Mayfield sind besser), einem Passing-EPA von 40.5 (nur Jaden Daniels und Josh Allen sind besser) sowie einer Adjusted Yards per Attempt von 9.31, was ligaweit der beste Wert ist.
Genauere Betrachtung
Aber Moment, es gibt noch mehr. Aus der Pocket heraus hat Jackson in dieser Season 108 von 156 Pässe für 1331 Yards, 581 Air Yards, sechs Touchdowns und zwei Interceptions geworfen, mit einem Passer-Rating von 102,8 und einem Passing-EPA von +35.5 (nur Brock Purdy ist in dieser Hinsicht mit +39.9 besser). Die beiden Interceptions in dieser Season? Eine davon ereignete sich in Woche 6 gegen die Washington Commanders, als er einen schnellen Pass auf Tight End Mark Andrews warf, der den leicht ungenauen Wurf fallen ließ - direkt in die Hände von Rookie-Defender Mike Sainristil. Die andere Interception ereignete sich in Woche 2 gegen die Las Vegas Raiders, als Jacksons Wurf auf Receiver Rashod Bateman fallengelassen und von Linebacker Robert Spillane abgefangen wurde.
Der Punkt ist, dass Jackson in dieser Season als Passer nur wenig schlechte Momente hatte. Unter Druck, in Situationen, in denen viele mobile Quarterbacks dazu neigen, früh aus der Pocket zu fliehen, hat Jackson 20 von 42 Pässe für 272 Yards, vier Touchdowns, keine Interception und für ein Passer-Rating von 100.5 (fünftbester Wert in der NFL) geworfen. Dazu mit einem Passing-EPA von +1.32. Das ist nicht nur der beste Wert in der Liga, sonder er ist auch der einzige Quarterback, der bei mindestens 10 Passversuchen unter Druck eine positive EPA aufweist.
Nie war Jackson besser
Es mag seltsam klingen, das über jemanden zu sagen, der bereits zwei MVP-Titel gewonnen hat, aber Jackson spielt aktuell seinen besten Football der Karriere. Die Kritik wird er nie wegbekommen, man wird einfach sagen: "Schauen wir in den Playoffs, wenn es ernst wird." Jackson ist nicht perfekt, aber aktuell führt kein Weg an ihm vorbei. Selbst Patrick Mahomes, der ihn zu Beginn der Season geschlagen hat, hat genauso viele Interceptions wie Touchdowns. Jackson ist auf dem Kurs, seine bisher höchste Anzahl im Passing (254 Yards pro Spiel) zu werfen und das ein Jahr nachdem er seine Karrierebestleistung aufgestellt hat.
Er ist einfach ein dauerhafter MVP-Kandidat. Er macht die Ravens jedes Jahr zu einem Contender in der AFC und es wird dieses Jahr nicht anders sein. Auch wenn es zu Beginn ein langsamer Start gewesen ist. Wenn die Ravens erneut einen Top-Seed in der AFC erreichen und wie ein Super-Bowl-Team aussehen, hat er die größten Chancen, wieder zum MVP gewählt zu werden. Auch wenn er einige Stimmen möglicherweise an seinen Teamkameraden, Derrick Henry, verlieren könnte.
Ravens auch auf Titelkurs?
Ohne ihn zu kennen, behaupte ich aber, dass Jackson jeden MVP-Titel gegen einen Super Bowl tauschen würde. Es scheint so, als wäre es in diesem Jahr die Zeit dafür. In den ersten fünf Wochen war es entweder das Lauf- oder das Passspiel der Ravens, das die Offensive anführte. Gegen die Commanders war es beides. Zusammen hatte die Offensive 484 Yards und hielten den Ball für 36 Minuten und acht Sekunden, was wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Commanders-Offensive, die vor dem Spiel die Liga in Punkten pro Spiel anführte, in Schach gehalten werden konnte.
Monken scheint derzeit alle Antworten zu haben. Die Ravens haben eine Top Offensive und ein großer Teil davon sind seine Play Calls. In den ersten Wochen wirkte das Experiment mit Derrick Henry noch etwas unbeholfen. Aber seit der Niederlage gegen die Raiders, sieht das Play-Action-Game fast unaufhaltsam aus. Monken und die Ravens-Offensive diktieren, wie sich die Defensiven aufstellen müssen. Und mittendrin: Lamar Jackson.