Niemand wird in diesen Tagen lieber die wieder einmal chaotischen Chicago Bears beobachten als Justin Fields. Während die Bears nach einem äußerst glücklichen Sieg in Woche 1 mittlerweile auf dem harten 1-2-Boden der Realität angekommen sind, schwebt ihr Ex-Quarterback Fields auf einer makellosen 3-0-Wolke in Pittsburgh.
Es ist das erste Mal in Fields Karriere überhaupt, dass er drei Spiele in Folge gewann. Die Geschichte eines Quarterbacks, der aus den Tiefen einer dunklen, hoffnungslosen Franchise entkam und jetzt sein Happy End mit einer neuen Flamme schreiben könnte, steht in den Startlöchern.
Die seit Jahren erfolglosen Bears drafteten Fields erst 2021, an elfter Stelle. Er sollte endlich dafür sorgen, dass die jahrelangen Quarterback-Probleme des Teams ein Ende haben. Stattdessen folgten drei Saisons, in denen Fields zwar Potenzial zeigte, aber nie gut genug war, um über die vielen anderen eklatanten Schwächen der Bears hinwegzutäuschen. Als feststand, dass die Bears aufgrund ihres D.J.-Moore-Trades mit den Carolina Panthers den ersten Pick im NFL Draft 2014 erhalten würden, wurde diskutiert, ob und wie der Pick genutzt wird. Die einen sagten, man solle weiter auf Fields bauen und den Pick anderweitig nutzen oder gar traden. Die anderen sagten, das Kapitel Fields gehöre abgeschlossen. Letztlich entschied man sich für den neuen, gold-glänzenden Hoffnungsträger in Caleb Williams und damit gegen Justin Fields. Ersetzt zu werden durch einen, der jünger und begehrter ist, ist sicherlich bitter. Vor allem dann, wenn der eigene Stern doch grade erst aufgehen sollte, aber irgendwie nie so richtig vom Boden weggekommen ist.
Kein Grund zu Wilson überzugehen
Fields wurde schließlich im März 2024 zu den Pittsburgh Steelers getraded, laut Bears-General-Manager Ryan Poles sei das auch in Fields Interesse geschehen. Obwohl die Steelers mit Russell Wilson bereits einen anderen Quarterback verpflichtet hatten, sei die Konkurrenzsituation in Pittsburgh in Poles` Augen noch offen. Er sollte damit Recht behalten, auch wenn das Glück Fields dabei in die Karten spielte. Die Steelers entschieden sich zwar zunächst für Wilson als Starter, nach dessen verletzungsbedingtem Ausfall kurz vor Spiel eins kam aber letztlich doch Fields zum Einsatz. Aufgrund der anhaltenden Wadenprobleme von Wilson blieb es dabei auch in Woche 3, in der Fields den dritten Sieg mit den Steelers feierte. Auch diese Woche hält sich Steelers-Coach Mike Tomlin bedeckt, was die Rückkehr von Wilson betrifft. Aufgrund der soliden Leistungen von Fields gibt es auch erstmal gar keinen Grund, Wilson verfrüht zurückzuholen.
Auf den ersten Blick sind Fields` Zahlen nicht sonderlich herausragend: 518 Passing und 90 Rushing Yards führten bisher zu drei Touchdowns. Durch eine deutlich solidere Offensive Line als in Chicago hat Fields dabei mehr Zeit, überlegte Entscheidungen mit dem Ball zu treffen. Die Zahlen sind ein bisschen trügerisch, da ihm einige großen Weiten durch fragwürdige Schiedsrichterentscheidungen wieder aberkannt wurden. Er macht die richtigen Spielzüge, folgt dem Plan der Coaches und versucht selten risikoreiche Würfe oder Läufe. Mit einer so guten Defensive, wie der der Steelers, könnte dieses zurückhaltende Spiel dafür ausreichen, die Playoffs zu erreichen und darüber hinaus andere Teams mit potenteren Offensiven zu ärgern. Ob Fields sich in den nächsten Wochen zutraut, auch riskantere Big Plays zu machen, werden die kommenden Spiele zeigen. In Chicago zeigte er bereits, dass sein Running Game eine echte Waffe sein kann, die auch den Steelers gut zu Gesicht stehen würde.
Mit Tomlin einen der besten Trainer
Beim Spiel gegen die Los Angeles Chargers zeigte Fields die klar beste Leistung der Saison: 25 von 32 angekommenen Pässen, 245 Yards und ein Touchdown sowie ein Rushing Touchdown zeigen eine deutliche Steigerung des Passing Games von Fields und den Steelers. Besonders beim spielentscheidenden Touchdown auf Calvin Austin III stellte Fields unter Beweis, dass er durchaus in der Lage ist, akkurate, clevere Würfe an den Mann zu bringen. Noch wichtiger für Fields: Mit jedem gewonnenen Spiel, jedem guten Wurf steigt sein Selbstbewusstsein und damit auch das Vertrauen von Mannschaft und Coaches in seine Leistungen. Dass er mit Tomlin einen der besten Trainer der Liga in seinem Ohr hat, der jahrelange Erfahrung hat und auch ohne einen überragenden Quarterback sein Team Jahr für Jahr zu positiven Records peitscht, nimmt zusätzlichen Druck von seinen Schultern. Statt den Alleinunterhalter in Chicago zu spielen, kann Fields in Pittsburgh in einem eingespielten, gefestigten System aufblühen. Wenn er jetzt noch unerwartet positiv überraschen kann, umso besser. Sollte er weiterhin so gut performen, muss er sich wahrscheinlich auch keine Sorgen machen, dass Wilson ihm noch einmal seinen Startplatz streitig macht. Wenn die Offensive erst einmal eingespielt ist, macht es schließlich keinen Sinn, den Quarterback auszutauschen. Ganz im Gegenteil, Wilson könnte mit seiner Erfahrung sicherlich eine wertvolle Stütze für Fields werden.
Auch wenn es sicher schmerzt, so schnöde abgeschrieben zu werden wie Fields von den Bears, könnte sich diese Ablehnung als bestmögliche Fügung für Fields erweisen. Und während in Chicago der nächste Quarterback auf der Abschussrampe steht und auf keine Unterstützung seiner Offensive Line hoffen kann, darf Fields erst einmal durchatmen. Mit den Indianapolis Colts steht in dieser Woche ein weiteres bezwingbares Team auf dem Plan. Womöglich kann Fields dann seine eigene Bilanz auf vier siegreiche Spiele in Folge hochschrauben. Und wer weiß, vielleicht sind wir ja nur 18 Spiele entfernt von einem Zweite-Chancen-Justin Fields-vs.-Sam-Darnold-Superbowl. Zu gönnen wäre es ihnen allemal.