Eigentlich wollen die New England Patriots mit frischem Coaching-Staff und Rookie-Quarterback frohen Mutes in die Zukunft aufbrechen. Der Neustart gestaltet sich aber alles andere reibungslos, vor allem weil ein Vertragsstreit mit Matthew Judon unschöne Wellen im Training Camp schlägt!
Irgendwo auf einem schicken Boot oder am Frühstückstisch mit seiner Angebeteten wird ein gewisser Bill Belichick in diesen Tagen in sich hinein schmunzeln. Vielleicht wird er auch den Kopf schütteln. Was auch immer es sein mag, begleitet wird es ganz sicher mit der eigenen Versicherung, dass es sowas unter ihm nicht gegeben hätte. Frei nach dem Motto: Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch!
Wäre der angehende Hall of Famer noch Head Coach und Imperator bei den mit Super Bowl Ringen behängten New England Patriots dann hätte Matthew Judon wohl nach seinem Eklat im Training Camp schon das Ticket nach Dallas, Philadelphia oder Detroit in der Tasche, er würde auf gepackten Koffern sitzen und irgendwo in Foxborough stände eine schmucke Villa mit fünf Schlafzimmern zum Verkauf. Stattdessen steht der gute Mann immer noch bei der AFC East Franchise unter Vertrag und bereitet ihr damit notorische Kopfschmerzen in einer Zeit, in der man eben nicht an Belichick, Vertragsärger oder Ähnliches denken will sondern die Zukunft ins Auge fassen möchte. Diese wird gerade aber noch von der Gegenwart verdrängt, in der eben ein Video vom Training aufgetaucht ist, in dem ein die Einheit schwänzender Matthew Judon von Jerod Mayo angesprochen wird, angeregt diskutiert und schließlich relativ angefressen das Feld verlässt. Ohne dass sich bisher Lippenleser geäußert hätten erkennt man relativ deutlich, dass da grad nicht Jubel, Trubel und Heiterkeit bei den Pats herrschen.
Matthew Judon schmollt bei den New England Patriots
Aber Moment, Matthew Judon? Ist das nicht der Edge Rusher, der sich schon im vergangenen Sommer über sein Arbeitspapier beschwert und eine mittelschwere Szene produziert hatte? Der dann in der letzten Saison nach vier Spielen verletzungsbedingt die Segel streichen musste? Ja, der ist es und eigentlich hatte eben dieser vor kurzem noch ein paar für einen NFL-Spieler ganz interessante Worte von sich gegeben. „Ich habe einen Vertrag unterschrieben, meine Unterschrift steht da drauf“, so Judon reflektiert über sein letztes Vertragsjahr, in dem er bis zu 7,5 Millionen US-Dollar verdienen kann. „Möchte ich unter diesem Vertrag spielen? Nein. Glaube ich, dass mein Gehalt meinen Wert wiederspiegelt? Nein. Aber da kann ich wenig dran machen.“ Der frühere Pro Bowler legte noch einen drauf. „Man hat einen Wutausbruch, noch einen Wutausbruch, noch einen – und dann kommt man nicht raus und tut das, was man eigentlich machen soll. Das wird ziemlich schnell ein alter Hut. Ich mache mir keine Gedanken über einen Holdout, einen Sitzstreik oder irgendeinen Protest. Ich werde kommen und irgendwie spielen, weil die Sache aus dem letzten Jahr war Mist. So bin ich nicht“, sagte der Veteran mit dem Hang zu roten Landarm-Shirts.
Jerod Mayo appears to exchange some words with Matthew Judon who is not participating in practice today. Judon seen exiting the field after their conversation 👀 pic.twitter.com/BJvP64tnpS
— NBC Sports Boston (@NBCSBoston) July 29, 2024
Nun stellt sich heraus, er ist eben doch so. So wie ganz viele andere NFL-Spieler, die Verträge unterschreiben, sich dann wundern dass bei einem steigenden Salary Cap neuere Verträge anderen Spielern mehr Gehalt bezahlen und sich schließlich wie Kleinkinder in die besagten Wutanfälle hineinsteigern. Hinten dran stehen ihre Agenten mit den vielzitierten Dollarzeichen in den Augen. Es klingt jeden Sommer wie eine Dauerschleife, das ändert aber nichts daran, dass es eine absolute Unart ist, erst recht wenn die natürlich berechtigten Vertragsverhandlungen in einem vorpubertären Kleinkrieg enden, der auch noch öffentlich ausgetragen wird.
Bewährungsprobe für Patriots-Coach Jerod Mayo
Dabei erschließt sich jemandem wie Judon nicht, dass er doch selbst damit einverstanden war, die saftigeren Teile Salärs in die ersten Jahre seines Kontrakts zu packen. Seine bald 32 Jahre, Verletzungen und die Tatsache, dass ihm mehrfach gegen Ende der Saison die Puste ausging und er sein hohes Spiellevel nicht halten konnte, sind alles Faktoren die New England eben zögern lassen. Ein angeblicher Leader könnte das zumindest einmal nachvollziehen, vor allem wenn ein junger Head Coach gerade eine der schwersten Nachfolgen in der Geschichte der National Football League antritt. Dass diese für Judon nicht das Gelbe vom Ei ist – völlig verständlich. Er würde sicherlich lieber für einen Contender spielen, schon einen sicheren Vertrag in der Tasche haben. Aber dann hätte er halt in der Vergangenheit etwas anders machen müssen.
Im nächsten Training erschien der Edge Rusher übrigens gar nicht auf dem Trainingsplatz. Was auch immer aus dieser Posse für die Patriots wird für Jerod Mayo ist es eine exorbitant wichtige Episode. Seine Autorität, sein Führungsstil, seine Richtung für die Franchise stehen hier mit am Pranger. So doof der Begriff manchmal ist, er kann hier ein Zeichen setzen und zwar eines, auf welches er seine gesamte frühe Amtszeit aufbauen kann. Denn wenn er wie einige vermuten Judon gesagt hat, dass er das Training nicht stören soll solange er nicht mitmacht, dann wäre das ein gigantischer Schritt in die richtige Richtung. Es wäre ein Besinnen auf etwas, dass mit zum Erfolg von Bill Belichick beigetragen hat, was aber gleichzeitig ein freundlicheres, empathischeres Kumpel-Verhältnis zu Spielern und Medien nicht ausschließen würde.
Und wenn es klappt, dann würde es vielleicht sogar Bill Belichick freuen. Wo immer er gerade auch sein mag.