Im AFC Westen nichts Neues? Nach dem Draft lässt nicht vieles darauf schließen, dass sich an der Dominanz von Super Bowl Champion Kansas City Chiefs in der neuen Saison etwas ändert. Die Chiefs pickten ein neues Spielzeug für Patrick Mahomes, während die Divisionsrivalen auf den ersten Blick allesamt etwas im Niemandsland stehen und auch die jeweiligen Drafts nicht darauf hindeuten, dass man Andy Reid und Co. wirklich gefährlich werden könnte.
Denver Broncos
Picks: R1, Pick 12, Bo Nix (QB, Oregon); R3, Pick 76, Jonah Elliss (Edge, Utah); R4, Pick 102, Troy Franklin (WR, Oregon); R5, Pick 145, Kris Abrams-Draine (CB, Missouri); R5, Pick 147, Audric Estimé (RB, Notre Dame); R7, Pick 235, Devaughn Vele (WR, Utah); R7, Pick 256, Nick Gargiulo (C, South Carolina)
Die Broncos standen vor dem Draft vor einer schwierigen Situation und auch nach dem Wochenende von Detroit, wird es wohl ein schwieriges Jahr für das Team aus der Mile High City. Nachdem man vor knapp zwei Jahren viel Draft Kapital im Trade für Quarterback Russell Wilson aufgegeben hatte und diese Episode deutlich anders gelaufen ist, als man sich in Colorado erhofft hatte, gab es einige Baustellen für Denver. Eine der größten war nach dem Abgang von Wilson nach Pittsburgh zweifelsohne erneut die Spielmacherposition. Dass es für Denver, ähnlich wie für Divisonsrivale Las Vegas, schwer werden würde nach oben in die Top Fünf zu kommen um eines der Top Prospects der Position zu erwischen, war bereits lange vor dem Draft klar. So pickte man an Nummer 12 letztendlich Oregons Bo Nix als quasi letztes der namhaften Prospects der Klasse, nachdem bereits fünf weitere QB’s innerhalb der Top Ten weg waren. Ein ziemlicher Reach an dieser Stelle, immerhin wurde Nix, ähnlich wie Penix wohlgemerkt, von den meisten Scouts eher an Day Two gesehen. Zwar war Nix mit Oregon in der letzten Saison sehr produktiv und bringt auch eine mehr als gute Athletik für die NFL mit. Doch nix ist bereits 24 und das Alter war in der Vergangenheit nachweislich ein Indikator für Erfolg oder Misserfolg, insbesondere bei Quarterbacks. Größter Faktor hierbei? Wie groß ist noch das Entwicklungspotential bei einem Spieler mit 24 oder 25 im Vergleich zu einem 21-Jährigen? Um Nix dies zu erleichtern hat man mit Wide Receiver Troy Franklin direkt seinen Lieblingsreceiver von Oregon mitgedraftet. Franklin hatte 1383 Yards und 14 Touchdowns zu verzeichnen, die Connection der beiden ist also klar vorhanden. Franklin besitzt jedoch eine äußerst dünne Statur und dürfte in der NFL gerade gegen physische Corner und Press Coverage Probleme haben. Daneben holte man noch Utah’s Jonah Elliss als Edge Rusher/Outside Linebacker für seine 3-4 Defense, welcher zumindest als Rotationsspieler direkt einen Impact haben dürfte, sowie mit Notre Dame’s Audric Estimé einen Runningback um neben Javonte Williams, Samaje Perine und Jaleel McLaughlin einen weiteren ähnlichen Spielertypen zu haben.
Kansas City Chiefs
Picks: R1, Pick 28, Xavier Worthy (WR, Texas); R2, Pick 63, Kingsley Suamataia (OT, BYU); R4, Pick 131, Jared Wiley (TE, TCU); R4, Pick 133, Jaden Hicks (DB, Washington State); R5, Pick 159, Hunter Nourzad (OL, Penn State); R6, Pick 211, Kamal Hadden (DB, Tennessee); R7, Pick 248, C.J. Hanson (OL, Holy Cross)
Die Story um die Chiefs war ohne Frage der Uptrade und Pick von Texas Receiver Xavier Worthy an Nummer 28 in der ersten Runde. Der Spieler mit dem schnellsten 40-Yard-Dash aller Zeiten in der Combine Geschichte zu Andy Reid und Patrick Mahomes? Vielen Fans schwant direkt Böses. Und alleine der Speed von Worthy ist ein Element, welches die Chiefs direkt wieder um einiges gefährlicher macht. Doch wo viele befürchten, dass KC den Nachfolger von Tyreek Hill gefunden hat, muss man Worthy einmal etwas genauer betrachten. Der ehemalige Texas Longhorn ist mehr als nur ein Deep Threat und bringt insbesondere im Route Running deutlich mehr mit, als man es von reinen Speedstern gewohnt ist. Doch Worthy ist ebenfalls sehr schmal gebaut. Ein Faktor, welcher bei Receivern und deren Erfolg in der Liga doch immer wieder eine Rolle spielt. Devonta Smith ist ein Gegenbeispiel hierzu aus der jüngsten Vergangenheit. Jedoch wiegt selbst Smith mit 170 lbs (77 Kg) noch mehr als die bei Worthy festgestellten 165 lbs (74,8 Kg) bei nahezu gleicher Körpergröße. Ein Punkt welchen man zumindest im Hinterkopf behalten sollte. Jedoch müsste Worthy aufgrund von Kelce, Rashee Rice (vorausgesetzt eine im Raum stehende Sperre betrifft nicht die komplette Saison) und dem Signing von Hollywood Brown nicht die Nummer Eins in Missouri sein. Ob die Produktivität am Ende größer ist als die eines Gadget Players wird sich zeigen. Nicht mehr als eine Randnotiz aber trotzdem erwähnenswert: John Ross, J.J. Nelson, Tyquan Thornton, Marquise Goodwin, Jerome Mathis, Jacoby Ford, Darius Heyward-Bey und Henry Ruggs sind die Namen der Receiver, welche beim 40-Yard-Dash ähnliche Zeiten wie Worthy liefen. Hoffentlich kein schlechtes Omen. Mit Offensive Tackle Kingsley Suamataia von BYU pickte man einen Offense Liner, welcher als Rookie direkt starten dürfte um Pat Mahomes weitere Protection zu geben, wenngleich der 21-Jährige noch mehr Konstanz in seinem Spiel benötigt. Nach dem Verlust von Donovan Smith und der einzigen weiteren Option in Wanya Morris, definitiv eine Verstärkung. Tight End Jared Wiley von TCU und Defensive Back Jaden Hicks von Washington State besitzen die nötige Upside, dürften in ihrem Rookiejahr jedoch beide vorerst nur Rollenspieler sein. Erwähnenswert aus Runde Sieben: Guard C.J. Hanson ist der erste Spieler von Holy Cross seit 1989 welcher gedrafted wurde. Eine Feel Good Story die nur noch besser werden kann.
Las Vegas Raiders
Picks: R1, Pick 13, Brock Bowers (TE, Georgia); R2, Pick 44, Jackson Powers-Johnson (G, Oregon); R3, Pick 77 DJ Glaze (OT, Maryland); R4, Pick 112, Decamerion Richardson (CB, Mississippi State); R5, Pick 148, Tommy Eichenberg (LB, Ohio State); R6, Pick 208, Dylan Laube (RB, New Hampshire); R7, Pick 223, Trey Taylor (S, Air Force); R7, Pick 229, MJ Devonshire (CB, Pittsburgh)
Die Raiders waren eines der Teams, bei denen „Quarterback“ groß und breit als dringendster Need, vor dem Draft überall zu lesen war. Kein Wunder, immerhin besteht der QB-Room aus Gardner Minshew und dem letztjährigen Viertrundenpick Aidan O’Connell. Minshew spielte nach der Verletzung von Starter Anthony Richardson eine sehr solide Saison mit den Colts und führte diese fast in die Playoffs und auch O’Connell zeigte immer wieder Ansätze in seinem Rookiejahr. Doch beide Spieler sind wohl kaum die langfristige Antwort auf der Position. Jedoch mussten die Raiders ihre Hoffnungen schnell begraben. Ein Uptrade war offenbar nie ein Thema für die vorderen Teams, jedenfalls wäre auch der Preis im Zweifel astronomisch gewesen. Und bereits bevor GM Tom Telesco am Zug war, gingen alle gehandelten Signal Caller vom Board. Jedoch pickten die Raiders im Anschluss nicht einen der im Vorfeld viel gehandelten Offensive Tackles oder Cornerbacks sondern Georgia Tight End Brock Bowers. Definitiv eine Überraschung. Doch bei genauer Betrachtung pickte Vegas hier schlicht den besten Spieler auf dem Board. Bowers gilt als Generational Talent und eine wahre Mismatch Waffe. So konnte man zwar keinen neuen Spielmacher holen, jedoch gibt man Minshew oder O’Connell neben Davante Adams, Jakobi Meyers und Michael Mayer ein weiteres dankbares Target im Receiving Game. Und der letztendliche Starter durfte sich im Nachgang zusätzlich über Oregon Center Jackson Powers-Johnson freuen. Der Offense Liner dürfte bei den Raiders wohl eher auf die Guard Position wechseln, stellt jedoch ein massives Upgrade und einen absoluten Value Pick dar. Powers-Johnson wurde nach einem starken Senior Bowl Wochenende in der ersten Runde gehandelt und bringt den Raiders um HC Antonio Pierce die entsprechende Mentalität und explosives Run-Blocking mit sich, was eins der Hauptelemente in der neuen Identität in Vegas werden soll. Ähnliches erhofft man sich von Marylands DJ Glaze. Der Offensive Tackle besitzt zwar alle Anlage, war jedoch an dieser Stelle in der dritten Runde ein absoluter Reach. Interessante physische Tools bringt auch Mississippi State Cornerback Decamerion Richardson mit sich. Mit knapp 6‘2 ft (1,89 m) und einem 4,34 40-Yard-Dash ein großer, schneller Corner welcher gegen Receiver auch Oustide Man- bzw. Press-Coverage spielen kann. Es wird interessant zu sehen sein, ob die Raiders, wie zum Ende der letzten Saison, alleine mit einer guten Defensive und einem solide Game-Manager erfolgreich durch die Saison kommen.
Los Angeles Chargers
Picks: R1, Pick 5, Joe Alt (OT, Notre Dame); R2, Pick 34, Ladd McConkey (WR, Georgia); R3, Pick 69, Junior Colson, (LB, Michigan); R4, Pick 105, Justin Eboigbe (DT, Alabama); R5, Pick 137, Tarheeb Still (CB, Maryland); R5, Pick 140, Cam Hart (CB, Notre Dame); R6, Pick 181, Kimani Vidal (RB, Troy); R7, Pick 225, Brenden Rice (WR, USC); R7, Pick 253. Cornelius Johnson (WR, Michigan)
Die Jim Harbaugh und Joe Hortiz Ära in L.A. begann bereits vor dem Draft mit einigen wegweisenden Personalentscheidungen. So trennte man sich mit Keenan Allen, Mike Williams und Austin Ekeler von drei absoluten Gesichtern der Franchise und insbesondere der Offense. Und auch die letzte Saison offenbarte bereits vor der Verletzung von Justin Herbert, welche Baustellen man offensiv trotzdem zu bedienen hatte. Offensive Line und Wide Receiver waren somit zwei große Needs der Bolts, lediglich in welcher Reihenfolge oder ob man diese mit einem Downtrade und mehreren Picks adressierte, war die spannende Frage. Tradetechnisch tat sich am Ende, wie bei allen anderen Teams innerhalb der Top Ten, nichts und anstelle von Malik Nabers oder Rome Odunze entschied man sich mit Notre Dame’s Joe Alt für den wohl besten Offensive Tackle der Klasse und einen wahren Plug-n-Play Spieler. Alt dürfte Herbert das Leben sofort um einiges erleichtern und so hat man zu Rashawn Slater den direkten Gegenpart auf der anderen Seite. Alt ist mit 6‘9 ft (2,10 m) schlichtweg riesig und bringt neben seinem Frame durch seine Tight End Vergangenheit auch eine gute Beweglichkeit und Athletik mit sich. Den zweiten dringenden Need ging man im Anschluss früh in Runde Zwei an. Georgia Wide Receiver Ladd McConkey holte man an Stelle Nummer 34 und liefert Herbert analog zu Keenan Allen einen exzellenten Route Runner, der zudem über extreme Schnelligkeit in seinen Cuts verfügt. McConkey ist definitiv kein Slot Receiver, was dem 22-Jährigen oft unterstellt wurde, sondern hat bei den Bulldogs auch vermehrt Outside gespielt. Die Fragezeichen bei McConkey sind lediglich die fehlende Production im College, insbesondere da UGA hinter Brock Bowers keinen wirklichen Elite Receiver hatte, welcher eine große Target Competition dargestellt hat. Jedoch lässt sich dies auch mit der Verletzungshistorie des neuen Targets von Justin Herbert erklären, welches gleichzeitig das zweite, größere Fragezeichen darstellt. Ansonsten könnte sich McConkey als wahre First-Down-Maschine entpuppen. Ein Spieler, welcher für eine Überraschung sorgen könnte, ist zudem Troy Runningback Kimani Vidal. Nach dem Abgang von Austin Ekeler ist das Runningback Depth Chart in L.A. weit offen und Vidal bringt neben seiner Explosivität und der Size jede Menge Rushing Yards aus dem College als Empfehlung mit sich. Passenderweise heisst der Offensive Coordinator Greg Roman. Ein „Match Made In Heaven“ quasi. Doch auch für die Defensive konnte man mit Alabamas Justin Eboigbe einen Defensive Tackle mit viel Physis und dem Motor für die NFL picken. Ein Spieler mit viel „Steal“-Potential. Selbiges gilt auch für Notre Dame Cornerback Cam Hart, welcher im Spiel gegen Ohio State gegen Marvin Harrison Jr. demonstriert hat, dass auch das nächste Level für ihn nicht zu groß ist. Ähnliches gilt, alleine aufgrund des Nachnamens, für USC Wide Receiver Brenden Rice. Es hat mit Sicherheit seinen Grund, weshalb Rice kein Spieler für die ersten drei Runden war, jedoch könnte der Sohn von Receiver Legende Jerry Rice seinen Draft Stock definitiv „outplayen“. Die Chargers gehen somit mit einem starken Draft in die neue Saison und auch wenn es noch weitere Baustellen im Roster gibt, dürfte dies der Anfang für eine erfolgreiche Zeit unter Neu-Headcoach Jim Harbaugh gewesen sein.