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NFL - National Football League

Die Teams des NFL Munich Game im Porträt

Geno Smith und die Seattle Seahawks treffen in München auf Tampa Bay mit NFL-Megastar Tom Brady. Credit: Imago Images / Joe Nicholson

Das erste reguläre Saisonspiel der NFL auf deutschem Boden rückt näher und für die beiden Mannschaften der Tampa Bay Buccaneers und der Seattle Seahawks laufen die Vorbereitungen bereits auf Hochtouren. Wir schauen einmal, was sportlich von Tom Brady, Geno Smith und Co. zu erwarten ist und welche Team als Favorit in die Partie gehen wird!

Bei der Bekanntmachung der NFL, welche beiden Mannschaften denn das erste reguläre Saisonspiel in „good ol‘ Germany“ bestreiten würden, seufzte so mancher Fan ein klein wenig in sich hinein. Denn im Sommer schien das Duell der Tampa Bay Buccaneers gegen die Seattle Seahawks auf dem Papier eine klare Kiste zu sein und nicht gerade die Art von Spiel, die besonders viel Spannung versprach. Nun haben es der liebe Sport und ganz besonders auch die NFL aber eben an sich, dass sie nicht auf dem Papier entschieden werden sondern "auf‘m Platz", wie es manch großer Sportphilosoph wie zum Beispiel Alfred Preißler immer wieder in der Geschichte festgestellt hat. Und genauso verhält es sich auch beim NFL Munich Game 2022.

Denn es sind nicht die vor der NFL Saison hoch gehandelten Buccaneers und ihr Mega-Quarterback Tom Brady, die als glasklare Favoriten in die Partie gehen. Es sind vielmehr die Seattle Seahawks, denen zwar fast jeder vor der Spielzeit ein Übergangsjahr prophezeit hatte, die nun aber angeführt vom vermeintlichen "Journeyman" Geno Smith um Einiges besser dastehen als ihre Kontrahenten aus Florida. Viel bedeuten tut das, wie wir ja nun schon wissen, für den kommenden Sonntag nicht, da werden die Karten wie jede Woche in der NFL ganz neu gemischt. Wer letztendlich in der Allianz Arena am Tisch sitzt und seine Hand wie spielen könnte, darauf dürfen wir aber mal einen Blick in einem umfassenden Teamcheck werfen.

Seahawks und Buccaneers kommen mit Rückenwind nach München

Im ersten regulären Saisonspiel der NFL in Deutschland werden zwei Divisionstabellenführer gegeneinander antreten. Die Seattle Seahawks haben den Weggang von Quarterback Russell Wilson als auch den Wechsel vom langjährigen All-Pro Linebacker Bobby Wagner gut verkraftet und führen die NFC West mit einer Bilanz von sechs Siegen und drei Niederlagen an. Damit rangieren sie bereits zwei Spiele vor den San Francisco 49ers, die wie auch die amtierenden Super Bowl Champions der Los Angeles Rams bereits mehrfach stolperten.

Die Buccaneers stehen in der NFC South ebenfalls ganz oben, dies liegt aber nicht unbedingt an ihren eigenen starken Leistungen sondern vielmehr an der schwächelnden Performance ihrer Divisionskollegen. Die Bucs konnten von ihren neun Spielen lediglich vier gewinnen, was aber aufgrund des direkten Vergleiches mit den nach der Bilanz ebenbürtigen Atlanta Falcons im Süden trotzdem für Rang Eins reicht.

Selbstvertrauen konnten wohl trotzdem beide Mannschaften unlängst am Flughafen für ihre Reise nach Europa einchecken, die Seahawks als Aufgabegepäck und die Buccaneers zumindest im Handgepäck. Tampa Bay feierte gegen die Rams am vergangenen Wochenende einen wichtigen Last-Minute-Sieg, den Tom Brady mit den Worten kommentierte: "Wir brauchten diesen Sieg und wir haben ihn geholt." Die Seahawks reisen derweil mit vier Siegen in Folge nach München und dürften dementsprechend mit sehr breiter Brust in der Allianz Arena antreten.

Pete Carroll lässt die Seattle Seahawks an sich glauben

Gerade die eigene Offense trägt Seattle bisher in vor der Spielzeit ungeahnte Höhen. Nur drei Teams machen pro Partie mehr Punkte als die Seahawks (26,8 pro Spiel) und ihnen gelingt dabei eine beachtliche Balance zwischen Lauf- und Passspiel. Ihre 5,2 Yards pro Laufversuch sind Top Drei in der gesamten NFL und auch ihre 7,7 Yards pro Passversuch rangieren sattelfest in den Top Ten der Liga. Dagegen fällt die junge Defense ein wenig ab. Sie lässt 24,4 Punkte pro Partie zu (NFL-Rang 22), auch wenn sie diese Löcher mit starken 1,7 Takeaways pro Partie zumindest teilweise wieder wettmacht.

Head Coach Pete Carroll beweist in diesem Jahr, dass seine langjährige Philosophie und seine „Winning Formula“ bis zu einem gewissen Grad nicht von Individuen abhängen. "Mit unserer Arbeit, Mentalität und Kultur gewinnen wir seit 20 Jahren oder so zehn Spiele pro Saison", so der Trainerfuchs. "Ich sehe nicht, warum sich das ändern soll und die Erwartungen waren bei uns immer hoch." Diese positive Energie bildet für Carroll die Grundlage für sein Konzept, in dessen Herz die persönliche Ansprache, Mannschaftsgeist und der Glaube an die eigene Stärke stehen.

Dieses Konzept hat sich über Jahre bewahrt und hat viele Anhänger gefunden. Etliche ehemalige Stars wie Richard Sherman, Cliff Avril oder Kam Chancellor kommen noch heute in ihrer Freizeit beim Training vorbei und helfen der aktuellen Mannschaft mit Expertise aus. Dies ist besonders wichtig für die vielen Youngster, die Seattle im Kader hat. Ihre Rookie-Klasse brilliert in dieser Saison, allen voran die beiden Bookend-Tackles Charles Cross und Abraham Lucas sowie Corner-Talent Tariq Woolen.

Buccaneers suchen unter Todd Bowles nach alter Stärke

Von "Jugend forscht" kann bei den Tampa Bay Buccaneers dagegen nicht wirklich die Rede sein, ihr Kader ist vielmehr gespickt mit einer Reihe von verdienten Veteranen, von denen viele schon 2020 beim letzten Super Bowl Triumph das Trikot der Franchise aus Florida trugen. Vieles dreht sich hierbei natürlich um einen Mann – Tom Brady. Sieben Super Bowl Ringe am Finger ließen den 45-jährigen Megastar immer noch nicht müde werden und er kehrte von seinem zwischenzeitlichen Rücktritt noch einmal auf die große Bühne zurück, um 2022 nach einer letzten Meisterschaft zu greifen.

Dafür müssten er und sein Team unter ihrem neuen Coach Todd Bowles künftig allerdings eine gehörige Schippe draufpacken. Die Defense hat unter dem Verteidigungsspezialisten Bowles zwar Probleme gegen den Lauf, lässt insgesamt aber nur 18,2 Punkte zu und ist gerade gegen den Pass mehr als sattelfest. Spieler wie der monströse Tackle Vita Vea und Linebacker-Rakete Devin White können trotz zeitweise fehlender Konstanz immer noch Spiele im Alleingang entscheiden, was aufgrund zahlreicher Verletzungen wohl auch künftig gefordert sein wird.

Die große Achillesferse der Buccaneers ist aber der Angriff. Auch wenn Brady noch mit Zahlen wie in jungen Jahren aufwartet, die Freibeuter rauben sich pro Spiel gerade einmal 18 Punkte zusammen. Ihr Laufspiel ist nahezu desaströs und mit nur drei Yards pro Run das schlechteste der Liga. Dies führt zu häufigeren und längeren Third Downs, Gegner konzentrieren sich auf das tiefe Passspiel und halten Tampa Bays Angriff meist vor sich. Die Protection wird gerade ohne Center Ryan Jensen schwerer und Räume verengen sich zusehends, was immer wieder zu stotterndem Rhythmus bei Brady und Co. führt.

Tom Brady und Geno Smith im Quarterback-Duell

Abschreiben darf man die Bucs aber noch lange nicht, dafür steckt im Kader eigentlich zu viel Qualität. Dass Tom Bradys private Querelen um die bevorstehende Scheidung mit Model Gisele Bündchen eine Rolle spielen könnten ist eher unwahrscheinlich, auch wenn "TB12" immer eher von seiner mentalen als von seiner physischen Stärke lebte. Persönlich bringt er auch weiterhin trotz seines hohen Alters Top-Leistungen, es ist aber für Tampa Bay nicht optimal, wenn er den Ball über 50 Mal im Spiel werfen muss.

Zwar verfügen die Seahawks nicht wirklich über eine starke Laufverteidigung (Gegner schaffen 4,8 Yards pro Lauf), dagegen könnte die explosive Offense um Geno Smith Brady in München schnell in einen Schlagabtausch verwickeln. Während es ihm zu Anfang seiner Karriere an Reife und mentaler Stärke fehlte, hat sich der mittlerweile 32-jährige Smith im Herbst seiner Laufbahn für Seattle zu einem echten Leader entwickelt. Mehr noch, nach zeitweise vier Teams in vier Jahren hat er im Nordwesten der USA scheinbar ein echtes sportliches Zuhause für sich gefunden.

Kein Passgeber der Liga bringt derzeit mehr Bälle an den Mann als Smith (73,1 Prozent Completion Percentage) und seinen 15 Touchdowns stehen nur vier Interceptions gegenüber. In engen Situationen kann der gute Athlet außerdem immer mal wieder einen First Down mit seinen Beinen generieren, was im abwechslungsreichen Angriff der Hawks ein wichtiges Element ist. Spieler wie Rookie Runningback Kenneth Walker, Receiver-Riese D.K. Metcalf oder auch die tiefe Tight-End-Riege sorgen zusätzliche für etliche Überraschungsmomente.

So viel man noch über die beiden Teams sagen könnte, letztendlich landet man aber dann doch wieder bei Herrn Preißler. Entscheidend wird am Sonntag in München sein, welches Team sein Potenzial auf den Rasen der Allianz-Arena bekommt. Also "auf’n Platz".

Über den/die Autor/in
Moritz Wollert
Moritz Wollert
Moritz Wollert schreibt für TOUCHDOWN24 u.a. über die NFL. Für das monatliche Print-Magazin schreibt er u.a. die NFL History Artikel

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