Während Dak Prescott verletzt ist brilliert sein Backup Cooper Rush bei den Dallas Cowboys. Credit: Imago Images / USA Today Network / Robert Deutsch

Die NFL hat eine neue Aschenputtel-Geschichte und sie schreibt sich in diesen Tagen ausgerechnet bei den Dallas Cowboys. Backup-Quarterback Cooper Rush hält in Abwesenheit von Dak Prescott den Laden zusammen und macht seine Sache dabei so gut, dass bei so manchem die Augenbrauen hochgehen. An einer Quarterback-Kontroverse ist der Signal Caller aber nicht interessiert, nur an was anderem!

Die roten Haare sind schon einmal irgendwie Kult, der Name ist sowieso Programm. An Rampenlicht mangelt es ihm bei den Dallas Cowboys ebenfalls nicht, von medialer Aufmerksamkeit mal ganz zu schweigen. Ganz vieles an Cooper Rush hat auf seine ganz eigene Art und Weise das Potenzial, zu einer klassischen NFL-Aschenputtel-Geschichte zu werden. Solange man nicht gerade Anhänger der anderen NFC East Franchises ist mag man sie sogar fast herbeisehnen, ist sie doch aufgeladen mit Unschuld, mit Bodenständigkeit sowie einem gewissen Maß an Provinzialität. Und das dann im großen Dallas, in "Jerry World". Liest sich einfach gut. Wenn da nur Cooper Rush nicht wäre, der damit irgendwie so gar nichts anfangen kann.

Cooper Rush hält die Dallas Cowboys über Wasser

An seinen Leistungen liegt das keinesfalls. Mittlerweile musste der Backup-Quarterback der Dallas Cowboys schon drei Mal in ungefähr einem Jahr für seine Mannschaft als Starter Feuerwehrmann spielen und jedes Mal blieb vom Brand nur ein kleines Aschehäufchen übrig. Rush selber glänzte dabei mit guten Statistiken, brachte über 60 Prozent seiner Würfe an den Cowboy und leistete sich lediglich im vergangenen Jahr in Minnesota eine Interception. Ihr gegenüber stehen allerdings auch vier Touchdowns über jene drei Spiele, die Dallas allesamt als Sieger beendete. Und genau hier liegt der wichtigste Marker, nicht nur für die Cowboys, sondern auch für Cooper Rush selbst.

"Ich will einfach nur weiter Spiele gewinnen", antwortete er lächelnd auf die Frage, was er sich denn von den nächsten Wochen erhoffen würde, in denen er wohl noch bis Mitte Oktober für die Cowboys in Vertretung von Dak Prescott auflaufen wird. Da fällt es selbst dem gewieftesten NFL-Boulevard-Journalisten schwer, eine Quarterback-Kontroverse herbeizuschreiben, auch wenn es die dumpf-geifernden Talking Heads von ESPN und Co. bereits versuchen. Cooper Rush aber nimmt man es tatsächlich ab, dass er einfach nur seinen Job machen will. Eine Aufgabe erfüllen möchte, für welche ihm die Dallas Cowboys nicht einmal eine Million Dollar bezahlen, die in sich aber natürlich ein Wahnsinnstraum für den zurückhaltenden Typen aus einer Kleinstadt im Herzen Michigans darstellt.

Cooper Rush ist ein bodenständiger NFL-Arbeiter

Hört man ihn in diesen Tagen so reden, dann könnte man aber auch denken, dass er beim Postamt um die Ecke einen verschnupften Kollegen vertreten muss. "Ich muss einfach pünktlich sein und meinen Rhythmus finden", erklärt er nüchtern sein Erfolgsrezept. "Dabei sollte ich wissen, was ich tue und meinen Kram beisammen haben." Aha, pünktlich sein, Kram geordnet halten, so einfach ist es also, in der NFL aufzutrumpfen und den Quarterback der Dallas Cowboys zu geben. Ganz so ist es natürlich nicht, wovon nicht nur Dak Prescott in den letzten Jahren ein Lied singen kann, sondern auch Cooper Rush, der mehrmals kurz vor der sportlichen Arbeitslosigkeit stand. Gegner schmeißen ihm nun jeden nur erdenklichen Blitz vor die Füße, spielen aggressiv und mit klarer Vorgabe, dem sonstigen Bankdrücker ein bisschen aus seiner Komfort-Zone zu holen. Klappen tut davon aber eigentlich wenig bis gar nichts.

Denn Rush spielt wie er redet – unaufgeregt, seinem Alter von fast 29 Lenzen entsprechend selbstsicher, einfach so als ob er schon zehn Jahre am gleichen Schreibtisch sitzen und immer wieder die gleichen Papiere abstempeln würde. Also natürlich die gleichen Plays laufen lässt, was Rush tatsächlich seit einigen Jahren im Training tut. Kern seiner Philosophie ist dabei etwas, das viele NFL-Quarterbacks zu selten beherzigen. Rush weiß, dass es nicht um ihn geht, sondern um die Spieler neben ihm. Die Offensive Line, die er mit schnellen Entscheidungen besser aussehen lässt. CeeDee Lamb, dem er den Ball in schöner Regelmäßigkeit serviert, um ihm dann bei seiner athletischen Magie zuzusehen. Die Runningbacks, denen die Freude über einen laufintensiveren Gameplan förmlich anzusehen ist. Dazu blühen auch tief im Depth Chart versteckte Rollenspieler auf einmal dermaßen auf, dass man die prominenten Ausfälle von Michael Gallup oder Dalton Schultz kaum bemerkt.

Cooper Rush mit erfrischendem Effekt auf die Cowboys

Die große Athletik ist es sicherlich nicht, auch der monumentale Wurfarm vieler anderer NFL-Größen fehlt Rush merklich. Aber das ist vollkommen egal, denn der Familienvater hat im Moment eine einzige Aufgabe und diese lautet nicht, mit einer tiefen Bombe auf Platz Eins der Sportscenter Top Ten zu landen. Man kann einfach nicht umher, als sich ein wenig über den im krassen Gegensatz zum sonst so aufbrausenden Image der spektakulären Cowboys zu freuen. Alles ist größer in Jerry World, seit Jahrzehnten bastelt man unter der texanischen Sonne All-Star-Teams mit großen Namen und oft noch größeren Egos zusammen. Es gehört ein wenig zum Selbstverständnis von "America’s Team", auch wenn es wie so oft in den letzten zwanzig Jahren keine wirklich wichtigen Siege nach sich zieht.

Es ist wohl nicht so, dass Cooper Rush das direkt ändern wird. Auch wenn er weiterhin brilliert, ein fitter Dak Prescott und seine 40 Millionen Dollar Jahressalär landen nicht so schnell auf der Bank. Indirekt könnte Rush aber vielleicht doch einen nachhaltigen Effekt in Dallas haben, denn seine Herangehensweise an sein Tagwerk ist so pragmatisch und erfrischend bodenständig, dass sich die sonst oft aufgeregten Cowboys davon etwas abschneiden können. Sie tun es ja jetzt schon, stützen sich auf ihre starke Defense und vertrauen in der Offensive ihrem Laufspiel sowie der maßvoll eingesetzten Play Action. Es ist dabei erst einmal ganz egal, ob Rush das Zeug zum Starter hat, er vielleicht sogar woanders in einem anderen Trikot richtig was reißen könnte. Erstmal geht es nur darum, Spiele zu gewinnen, im Jetzt zu leben.

Damit schreibt man vielleicht keine ganz großen Aschenputtel-Geschichten, für die Cooper Rush doch eigentlich so gut herhalten könnte. Aber eine kleine Erfolgsstory kann es zumindest mittelfristig trotzdem werden.

Über den/die Autor/in
Moritz Wollert
Moritz Wollert
Moritz Wollert schreibt für TOUCHDOWN24 u.a. über die NFL. Für das monatliche Print-Magazin schreibt er u.a. die NFL History Artikel

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