Die neue NFL-Saison ist noch nicht ganz zwei Spieltage alt und ich schaue schon jetzt voller Bewunderung auf die Teams und die Spielzeit. Was haben wir Journalisten und Experten alles analysiert und prognostiziert – doch die Wahrheit kennt nur die Realität.
+++ein Kommentar von Dirk Kaiser+++
Man blickt auf diesen Spieltag zurück – ja, ein Spiel liegt noch vor uns – und man wird von Geschichten, Storylines und Überreaktionen und deren Relativierungen überwältigt. Nach zwei Spielen stehen die hochgelobten Baltimore Ravens bei einer Bilanz von 0-2. Dabei fingen sie sich eine Niederlage gegen die Las Vegas Raiders ein, ein Team, das man mit Gardner Minshew als Quarterback in Richtung Top-fünf-Pick gesehen hatte. Die Cincinnati Bengals? Ebenfalls 0-2 – mit einer der beiden Niederlagen gegen das vor der Spielzeit als schlechtestes Team der Liga prognostizierte New England.
Auf der anderen Seite stehen die New Orleans Saints bei zwei Siegen aus zwei Partien. Nachdem man in Woche eins noch dachte, “na gut, das waren nur die Carolina Panthers“, kamen als nächstes die ambitionierten Dallas Cowboys unter die Räder. Niemand hätte den Minnesota Vikings nach dem Verletzungs-Verlust von Rookie-Quarterback J.J. McCarthy einen Vorwurf gemacht, wenn sie diese Saison vorzeitig abgeschrieben hätten. Stattdessen stehen sie jetzt bei 2-0 und haben mal eben die San Francisco 49ers, das Top-Team der NFC, weggefiedelt.
Es drängen sich so viele Fragen auf, die allesamt auf Antworten durch den weiteren Saisonverlauf warten. Ist Bryce Young als NFL-Spieler schon ausgezählt? Wird er nach der Saison als einer der größten Draft-Busts in die jüngere NFL-Geschichte eingehen? Überlebt Deshaun Watson die Saison der Cleveland Browns als deren Starter? Oder übernimmt irgendwann Backup Jameis Winston. Und überhaupt, wer sind denn nun die Favoriten auf den Super Bowl?
Natürlich fallen einem zuerst die Kansas City Chiefs ein. Die 2-0-Bilanz ist makellos und alles sieht nach "Business as usual" aus. Doch doch, sie haben bei beiden Siegen nicht dominiert. Beim Season Opener fehlte den Ravens nur ein Zentimeter, um mit einer schon gecallten Two-Point-Conversion den Sieg davonzutragen. In Woche zwei gewannen die Chiefs nur durch ein Fieldgoal von Kicker Harrison Butker bei auslaufender Uhr gegen die Bengals. Die Chiefs sind noch unbesiegt, wirken aber alles andere als unbesiegbar.
Ravens? Bengals? Da schließt sich schon der Kreis. Beide stehen ohne Sieg in der AFC North da und beide hatten dennoch den amtierenden Champion am Rande einer Niederlage. Das ist Spannung pur, wie sie einem nur die NFL liefert. Diese Ausgeglichenheit, dieser Wettbewerb, bei dem man wirklich – ganz zum Leidwesen der Experten und Journalisten – so wenig voraussagen kann. Was man aber sagen kann, ist: “Danke NFL, dass Du zurück bist“