Amerika steckt seit Monaten im Wahlfieber, dass am Election Tuesday seine Höchsttemperatur erreichte. Die NFL angelt sich mit seiner Trade Deadline währenddessen zumindest im Sportbereich die eine oder andere Schlagzeile. Und sie weißt hier und da sogar Parallelen zur großen Politik auf!
Lange Zeit war die NFL Trade Deadline eher ein kleines Stiefkind im aufgepumpten Sensationskalender der gigantischen Football-Liga. Zelebrierten die NBA oder die NHL ihre Tauschbörsen-Finals doch seit Jahren auf spektakuläre Weise und verzeichneten monumentale Verschiebungen bei ihren ligaeigenen Kräfteverhältnissen, dümpelte die profitabelste Sportliga der Welt mehr oder weniger vor sich hin. Hey, ein Slot Corner für einen Sechstrunden-Pick, stoppt die Druckerpressen!
So langsam hat sich dies aber dann doch gewandelt, zumindest scheint es so. Immer mehr Teams schauen, dass sie irgendwie noch den einen oder anderen Trade hinbekommen, das mediale Interesse wächst und gerade auf bestimmten Positionen erhofft man sich einen Satz nach vorn. Dabei ist das Verhalten der einzelnen Teams immer auch eine ganz klare Positionierung, eine Art Wahl eben, wenn man den Zeitgeist bemühen möchte. Die Parallelen zwischen der US-Präsidentschaftswahl und der Deadline mögen ein wenig hinken, irgendwie schleppen sie sich dann aber doch nach vorn. Letztendlich bleibt auch die NFL ein Abbild der Gesellschaft, eine Spielwiese, auf der echtes, wenn auch hyper-hochsterilisiertes Leben stattfindet.
NFL Trade Deadline schafft neue Realitäten
Diejenigen die auf eben jener spielen konnten sich in den vergangenen Tagen sicherlich auch nicht des politischen Sensationssturms erwehren, der ja selbst hier in Deutschland Hinz, Kunz und all ihre Freunde erfasst hat. Ein sich um zwei hochgradig suspekte wie fragwürdige Kandidaten kreisendes Unwetter, bei dem abermals unzählige vermeintliche Experten mit ablaufendem New York Times Abo genau wissen wollten, was denn nun richtig und was falsch ist, nur um letztendlich wohl doch wieder nicht zu verstehen, dass fast das halbe „Land of the Free“ die Dinge irgendwie seit Jahren anders sieht. Neben dem Beweis flächendeckender Nichtigkeit hinterlässt die Schneise des Sturms vor allem eine Erkenntnis: Man muss sich nun mit jedweder Realität auseinandersetzen. Ob man das möchte oder nicht.
If your favorite NFL team sucks right now, it's trade deadline time... pic.twitter.com/ek9DRDwabB
— Brent Sobleski (@brentsobleski) November 3, 2024
Genauso geht es vielen NFL-Teams und ihren Fans. Die Cleveland Browns wissen jetzt, dass ein Rebuild ansteht. Ebenso haben die Saints jetzt Gewissheit, denn sie haben einen bestimmten Weg gewählt. Wie dieser aussehen wird, was die nächsten Jahre bringen, ähnlich wie in der Politik weiß das niemand so genau. Dennoch kann die neugefundene Erkenntnis in gewisser Form Stabilität geben, so schmerzvoll manche Meter auf dem Weg zurück ins echte NFL-Leben auch sein mögen. Und im Fall der beiden genannten Teams bedarf es sicherlich so manchem kräftigen Schmerzmittel, damit man die Causa Watson oder das Brodeln in der eigenen Cap-Hölle verkraften kann. Aber irgendwann wird ein neuer, schönerer Morgen kommen. Und er wird umso schöner, wenn man sich dann vergangener Dunkelheit erinnert.
Detroit Lions machen wieder alles richtig
Ob die Detroit Lions das in diesen Tagen noch tun weiß man nicht so genau, aber man darf vermuten, dass sie über die oftmals billige situative Motivation des vermeintlichen „Disrespects“ oder des Entzauberns alter Dämonen längst hinaus sind. Vielmehr geben sie eine hochprofessionelle, pragmatisch arbeitende Franchise ab, die jeden Deut an Erfolg verdient, den sie gerade Woche für Woche zu solidieren scheint. Der Move für Za’Darius Smith war am Ende nach der Verletzung von Aidan Hutchinson alternativlos und wer immer sich jetzt über die schwindenden Qualitäten des Ex-Browns echauffiert lebt wohl eher in einer Traumwelt. Ein alter Spruch besagt „beggars can’t be choosers“ und genauso ist es am Verhandlungstisch der NFL auch. Manchmal muss man nehmen, was man kriegen kann. Wenn es dann sogar noch wie die Faust aufs Auge passt wie in diesem Fall umso besser.
Wesentlich weniger passt es bei den Dallas Cowboys, die mit ihrem Move für Jonathan Mingo einen der großen Headscratcher der diesjährigen Deadline liefern. So klein der Move auch sein mag ist er doch eine typische Illustration davon, was in Texas seit Jahren falsch läuft. Man plant mit Ideen, die keine sind, man stärkt Mannschaftsteile, die mit der Schwäche in anderen Bereichen nicht funktionieren werden. Obendrein verrennt man sich bei der Kostenkontrolle. Irgendwann wundert man sich dann, dass alles doch irgendwie wieder anders kommt, als man das gedacht hat. So ähnlich ist es ja auch in der Politik, wo viele immer wieder dasselbe machen, sich dann aber wundern, dass die Ergebnisse sich wenn überhaupt nur marginal bis gar nicht ändern.
Und irgendwann, ja irgendwann, schlägt die Realität dann trotz aller Luftschlösser eben doch noch zurück.