Die Schwäbisch Hall Unicorns bejubeln ihren fünften Deutschen Meistertitel. Credit: Imago Images / frontalvision.com

Schlussendlich hat es für die Potsdam Royals nicht gereicht. Sie unterliegen im 43. German Bowl den Schwäbisch Hall Unicorns mit 27-44, die sich zum fünften Mal den Deutschen Meistertitel sichern. Ausgelassen bejubelten die über 9.000 angereisten Fans im Frankfurter Deutsche Bank Park ihre Helden in Grün und Weiß, denn die meisten Zuschauer vor Ort kamen aus der näheren Umgebung der fränkischen Unicorns. 

Das ist vielleicht auch ein Grund für die geringe Zuschauerzahl gegenüber früheren German Bowls. Potsdam lockte als aufstrebender Titelanwärter nicht ganz so viele Fans in die über 500 Kilometer entfernte Main-Metropole. Die Konkurrenz zur European League of Football macht der German Football League ohnehin bereits seit zwei Jahren zu schaffen. Dass der Termin vor einigen Monaten sogar nochmal verlegt werden musste, ist ein weiterer Aspekt. Eine zunächst angedachte TV-Übertragung auf Sport1 fiel dann ebenfalls ins Wasser. Begründung: Es wurde Zweitliga-Fußball gezeigt. 

Über die Ansetzung und die Vermarktung des German Bowls lässt sich, trotz etlicher Bemühungen vieler Ehrenamtlicher und Verantwortlichen, kaum etwas Gutes sagen. Doch das soll an anderer Stelle noch einmal näher beleuchtet werden, weshalb es sich hier ab sofort vollends um die Sieger aus Schwäbisch Hall und das Spiel am Samstagabend drehen soll. Die Stimmung in Frankfurt war auf alle Fälle ausgelassen und gut. 

 

German Bowl XLIII

Sowohl Schwäbisch Hall als auch Potsdam haben sich viel vorgenommen und gehen tugendhaft in ein deutsches Finale einer amerikanischen Sportart bestens vorbereitet und mit einem klaren Plan ans Werk. Beide Mannschaften wollen den üblichen Rhythmus des jeweiligen Gegners brechen, was absolut nachvollziehbar ist, bedenkt man, dass bisher beide Finalteilnehmer nur so durch ihre Nord- und Südstaffel und später durch die Playoffs marschiert sind und kein einziges Spiel verloren. 

Die Haller bringen mit dem ersten Kickoff den Ball tief in das Feld der Royals, der sofort zum Touchdown zurückgetragen wird. Jedoch haben die Royals die Rechnung ohne Hauptschiedsrichter Karsten Pruin aus Kiel gemacht, der das Play wegen eines Holdings zurückpfeifft. Und trotzdem scored Runningback Karri Parjarinen in einem von Laufspielzügen dominierten ersten Drive der Potsdamer. 

Im Anschluss folgt der Kickoff, doch die Brandenburger faken den tiefen Versuch und probieren stattdessen einen überraschenden Onside Kick. Darauf lauert jedoch Joshua Haas, der den aufgenommenen Ball sofort in die Endzone zurückträgt. Die Unicorns führen dadurch mit 6-7, obwohl ihre eigene Offense erst eine Minute vor Ende des ersten Quarters aufs Feld kommt. 

Einige Strafen, darunter eine Facemask Penalty, zeigen einmal, dass in den ersten Minuten die Nervosität und Anspannung beider Teams noch deutlich spürbar ist, vermasseln aber vor allem den Hallern den Einstand. Stattdessen marschieren die Royals mit ihren Triple-Option Runs und seltenen Passversuchen unaufhaltsam über das Feld und finden sich nach einer Defensive Pass Interference plötzlich an der Goalline wieder. Die 13-7 Führung, erneut durch Parjarinen beweist den Finaldebütanten, hier geht heute etwas gegen das Powerhouse aus Baden-Württemberg. 

 

Schwäbisch Hall kommt in Fahrt

Es wird schnell offensichtlich, weshalb Potsdam versucht, mit Onside Kicks und viel Ballbesitz die Haller Offense vom Feld zu halten. Sie ist vielseitiger und mit vertikalem Passspiel einfach dynamischer als der Angriff der Royals. Potsdams Head Coach Michael Vogt findet keine Antworten auf das kreative Spiel der Mannen in Grün-Weiß um Cheftrainer Jordan Neumann. 

Zur Pause steht es mittlerweile 27-13 für Schwäbisch Hall. Quarterback Reilly Hennessey erläuft selbst zwei Touchdowns und bringt einen Pass auf Tyler Rutenbeck an, der einen weiteren Score beisteuert. Die Unicorns kontrollieren die Uhr, geben den Royals kaum Möglichkeiten im zweiten Quarter, um ihr Laufspiel aufzuziehen. Ihr Plan scheint aufzugehen. 

“Sie haben viele First Downs gemacht, aber wir haben die Großen nicht zugelassen. Wir mussten ein bisschen mehr Pässe werfen lassen." Die Defensiv-Coaches wären angehalten, so Unicorns Head Coach Neumann: "Don’t break für 30, 40, 50 Yards, dann haben wir eine gute Chance. Die Defense hat das gut aufs Feld gebracht."

Und mit einer Two-Possession-Führung im Rücken wird es dann immer leichter die Potsdamer zum Pass zu zwingen, weil ihnen schlichtweg die Uhr davonläuft, was der Haller Defense umso mehr hilft, den Royals ihr eigenes Spiel zu diktieren. 

 

Potsdam rennt hinterher

Michael Vogt hatte vor dem Spiel ebenfalls einen klaren Plan. Das kann ihm nicht vorgeworfen werden. Die Haller haben seinen nur besser vereitelt, wozu auch immer etwas Glück gehört.

Der Cheftrainer erklärt zum Spielverlauf, zu dem sich beide Übungsleiter in der anschließenden Pressekonferenz beglückwünschen: "Wir hatten einen guten Plan mit den Onside Kicks. Das hat aber leider überhaupt nicht funktioniert. Schwäbisch Hall war in allen drei Bereichen besser gewesen." Den Onside Kick nach dem eigenen Touchdown, der prompt mit einem Kick Return Touchdown bestraft wurde, habe man auf alle Fälle so geplant: "Ja, wir hätten sonst auch mit einem Onside Kick angefangen. Das war so geplant... also nicht so!"

Zunächst habe das Laufspiel, vor allem mit Running Back Parjarinen, gut funktioniert, aber mit zunehmender Dauer habe man es mehr mit Pässen versuchen müssen: "Wir hatten den Lauf gut hinbekommen. Ich hätte mir ein paar mehr Pässe gewünscht, um das wieder zu öffnen. Ab Mitte des zweiten Viertels sind wir immer hinterhergerannt.”

Zwar kann Potsdam weiterhin punkten. Ohne gleichzeitig die Haller zu stoppen, bringt das am Ende aber zu wenig. 

 

Unicorns verlieren die Kontrolle nicht mehr

Schwäbisch Hall gibt das Heft nicht mehr aus der Hand. Kurz nach der Pause erhöhen sie auf 30-13, später auf 37-20 durch den ehemaligen NFL-Profi Moritz Böhringer. Auch auf Robert Pattersons Touchdown-Catch zum 37-27 finden die Unicorns erneut eine Antwort und erhöhen dank Pass von Hennessey auf Aurieus Minton zum 44-27 Endstand. 

Spätestens als ihr Quarterback Mitte des vierten Quarters bei 3rd&10 zum neuen First Down scrambelt, ist auch dem letzten Zuschauer auf den Sitzen des Deutsche Bank Parks klar, Potsdam kann hier mitmischen und auf Tuchfühlung blieben, aber das letzte Wort werden immer die Männer aus Schwäbisch Hall haben, die einen ab dem zweiten Quarter nicht mehr gefährdeten Sieg einfahren. 

Der Mann des Tages und MVP des Spiels hinter einer geschlossenen Mannschaftsleistung ist Reilly Hennessey. Der Italo-Amerikaner macht insgesamt fünf Touchdowns und gewinnt nach 2021 seinen zweiten nationalen Titel in Folge. Vor einem Jahr holte der 25-jährige bereits die Italienische Meisterschaft mit den Parma Panthers, ehe er nach Schwäbisch Hall wechselte und dort seine erste Saison mit dem Sieg im Endspiel der German Football League krönte.

Die Royals waren ein würdiger Gegner, genauso wie die Unicorns zurecht nach einer perfekten Saison “den Pott” in die Höhe recken dürfen und sich nach der letztjährigen Finalniederlage zum fünften Mal als Deutscher Meister mit der Trophäe belohnen.

Über den/die Autor/in
Philipp Forstner
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Philipp Forstner
Autor / Redakteur
Philipp schreibt bei TOUCHDOWN24 u.a. über den College Football

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