Justin Fields macht den Bears-Fans Hoffnung. Credit: Imago Images / NurPhoto / Jorge Lemus

Justin Fields ist auf dem Weg, den Rekord für die meisten erlaufenen Yards eines Quarterbacks in einer einzelnen Saison zu brechen. Um wenigstens mit Lamar Jackson gleichzuziehen, fehlen dem Spielmacher der Chicago Bears nur noch 63 Yards. In einem vermeintlich irrelevanten Spiel für das Team aus dem Norden liegt damit ein Hauch von Geschichte in der Luft, wenn es am nächsten Sonntag gegen die Minnesota Vikings geht. 


In die Bücher der Pro Football Hall of Fame in Canton, Ohio hat sich der vielseitige Playmaker bereits Anfang November eingetragen. Nachdem er gegen die Miami Dolphins 178 Rushing Yards erzielte, wurden seine Schuhe eingesammelt und sind seither in der Hall of Fame ausgestellt. Denn trotz der Niederlage brach er damit die Bestmarke in einem einzelnen Spiel und noch viel mehr. Bereits eine Woche später torpedierte er seinen eigenen Höchstwert nochmals und erhöhte um 31 Yards. 


Der “Wow”-Effekt

„Jede Woche tut er etwas, das dich dazu bringt, ‚Wow‘ zu sagen“, lobte vor kurzem CBS-Reporter Adam Archuleta den jungen Fields. „Er hat dort oben mit jedem in der National Football League ein Highlight-Tape, und er musste es so ziemlich im Alleingang machen.“

Worauf der ehemalige Bears-Safety anspielt sind gleich zwei Tatsachen. Die eine ist, dass Justin Fields in dieser Saison mehr Rushing Plays über 60 Yards gemacht hat, als jeder der gesamten Konkurrenz der NFL in den letzten fünf Jahren und der Umstand, dass das Team um Fields herum momentan das vielleicht schlechteste der Liga ist. Er also keine Hilfe von seinen Mitspielern erhält. 


Fields erhält kaum Unterstützung

Offensive Coordinator Luke Getsy musste den 23-jährigen erst einmal kennenlernen, ehe er verstand, wie man Fields am besten auf dem Feld einsetzen soll. Seit Woche 7 gibt es daher designte Laufspielzüge für den mobilen und äußerst athletischen Quarterback. Vor allem in kritischen Situationen gibt der Play Caller seinem dynamischen Jungspund häufig die Gelegenheit, das Heft selbst in die Hand zu nehmen. 

Somit erhält Fields immerhin vom Coaching Staff die Unterstützung, die ihm auf dem Feld so häufig untersagt bleibt. Angefangen bei seiner Offensive Line, die allein im Spiel am Sonntag vier Sacks im ersten Quarter gegen die Detroit Lions erlaubte, bis hin zu haarsträubenden Drops seiner Receiver. 

Vor allem in potentiellen Game-Winning-Drives ließen Equanimeous St. Brown, Dante Pettis und Velus Jones Jr. regelmäßig einfache Pässe durch ihre Hände rutschen. Dies führte zu weiteren Niederlagen und Turnovern der Passempfänger, die bei den meisten NFL-Teams lediglich als Rotationsspieler ein paar Snaps pro Spiel sehen würden. Verletzungen von Darnell Mooney, der Nummer Eins im Team, sowie von Chase Claypool, der extra zur Halbzeit der Saison aus Pittsburgh geholt wurde, taten ihr übriges, sodass Fields seit Wochen, ausgenommen seiner beiden Runningbacks David Montgomery und Khalil Herbert, komplett auf sich allein gestellt ist. 


Fields rennt um sein Leben

“Lauf, Justin, lauf” möchten ihm die Fans im Soldier Field des Öfteren hinterherrufen. Denn als Quarterback erhält der Playmaker weder passable Anspielstationen noch die nötige Zeit, seine Pässe zu verteilen. Häufig kollabiert die Pocket nach kürzester Zeit und Fields rennt sprichwörtlich um sein Leben.

Doch wer regelmäßig sein Heil in der Flucht sucht, muss in der NFL mächtig einstecken. So laboriert der auffällige Runner mittlerweile an Verletzungen seiner Schulter, seines Knies und seiner Hüfte. Häufig steht er mit schmerzverzehrtem Gesicht nach einem erfolgreichen Lauf wieder auf und ein Bild ist mittlerweile fast zum Synonym geworden: Fields liegt nach jedem Drive an der Seitenlinie auf der Massagebank und lässt sich, bewaffnet mit einem Tablet zur Analyse seines Spiels, die Krämpfe aus den Oberschenkeln kneten. 

Der Rekord bedeutet Justin Fields sehr viel. Er ist ein erfolgshungriger Quarterback, der aber versteht, wie er in der NFL langfristigen Erfolg manifestieren kann. “So einen Rekord werde ich in meiner ganzen Karriere nicht noch einmal brechen können. Das kann ich ihnen sagen.” Denn in Zukunft soll sein Spiel sich mehr und mehr innerhalb der Pocket abspielen. 


Der Quarterback Justin Fields

Um in der NFL lange überleben zu können, muss ein Quarterback sich zu einem guten Passer entwickeln. Josh Allen hat diesen Weg zuletzt vorgemacht, als er sich vom Dual-Threat Quarterback zu einem Spielmacher gewandelt hat, der seine Ausbrüche eher als Bonus in seinem Spiel verwendet und nicht als notwendiges Mittel. 

Andere, wie das jüngste Beispiel des derzeitigen Rekordhalters Lamar Jackson zeigt, warten noch darauf. Jackson konnte noch keine Saison gesund durchspielen. Seine Verwandlung in einen athletischen Pocket Passer wird jedoch auch damit aufgehalten, dass seine Baltimore Ravens, wie die Bears aktuell, keine adäquaten Waffen in das Arsenal der Offense gepackt haben.

Jackson muss weiterhin auf seine Vertragsverlängerung warten, weil noch nicht klar ist, ob er diesen notwendigen Wandel überhaupt vollziehen kann. Die Bears sollten nun mit Fields nicht denselben Fehler machen und lieber von den Bills lernen.

Die tradeten für Stefon Diggs und etablierten den Receiver zum Lieblingsziel von Josh Allen. Gleichzeitig erhielten alle weiteren Positionen im Passangriff, der Slot und auf Tight End jeweils ein Upgrade. Allen konnte es sich so in der Pocket bequem machen, seinen kräftigen Wurfarm auspacken und gilt nun, fit, als einer der Topfavoriten auf den Super Bowl. 


Der Rekord

In Chicago müssen sie herausfinden, ob Fields sich zu einem stabilen Ballverteiler entwickeln kann. Nur dann werden die Bears den ersten echten Franchise Quarterback ihrer Geschichte in der NFL etablieren. Schon ewig wartet das Team vom Lake Michigan bereits auf einen wahren Spielmacher. Fields schürt damit eine nie erfüllte Hoffnung. 

Justin Fields wird alles daransetzen, am nächsten Sonntag die letzten Yards zu erlaufen, um Lamar Jackson den Rekord abzujagen. Danach wird er weiter daran arbeiten, sich als Pocket Passer weiter zu verbessern und hoffen, dass er dazu in der nächsten Saison die nötige Unterstützung erhält. 

Momentan hat das Front Office die besten Voraussetzungen für den nötigen Umbau. Die Bears halten das höchste freie Cap Space und werden in den Top Vier draften. Im besten Fall ergattern sie mit einer weiteren Niederlage und einem Sieg der Houston Texans sogar noch den First Overall Draftpick. 

Den brauchen sie nicht in einen neuen Quarterback, sondern komplett in den Support von Justin Fields investieren. Das würde seiner Gesundheit langfristig nützen und gleichzeitig könnte Chicago den Schritt aus der unteren Tabellen-Region in Richtung Playoffs machen. 

Über den/die Autor/in
Philipp Forstner
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Philipp Forstner
Autor / Redakteur
Philipp schreibt bei TOUCHDOWN24 u.a. über den College Football

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